ESSEN. . Propaganda für eine bessere Welt: „Papst Franziskus – Ein Mann seines Wortes“ ist ein Film für einen besonderen Mann mit besonderen Ansichten.
„Sein Leben selbst“, wird irgendwann eine alte Weggefährtin über Jorge Mario Bergoglio sagen, der längst Papst Franziskus heißt, „ist eine Predigt“. Und irgendwie ist es dieser neue Film von Wim Wenders auch. Nachdem Wenders Anfang Dezember 2015 bei der weltweiten Direktübertragung der Eröffnungsfeierlichkeiten zum Heiligen Jahr vom Petersplatz Regie geführt hatte, fragte ihn der Vatikan, ob er nicht einen Film über Franziskus drehen wolle. Der Kommunikations-Präfekt am Heiligen Stuhl sicherte Wenders dabei zu, er habe völlig freie Hand.
Vielleicht war das der sicherste Weg, um Wenders einen Film machen zu lassen, der Franziskus in ein Licht stellt, das strahlender nicht zu denken wäre. Die geigenlastige Musik lässt zwischenzeitlich gar den Verdacht aufkommen, Wim Wenders habe sich in „Papst Franziskus – Ein Mann seines Wortes“ zum Werkzeug für einen eher unsubtilen Propagandafilm machen lassen. Aber dieser Verdacht greift zu kurz, in Wahrheit ist es so, dass Wenders den Papst zum Instrument seiner Propaganda für Weltveränderung und Umkehr macht, wie sie in seinem filmischen Porträt des brasilianischen Fotografen Sebastião Salgado („Salz der Erde“, 2014) noch zu einem großen Kunstwerk mit wenig Angst vor großen Gefühlen und kleinen Sentimentalitäten führte.
Alle Fragen sind herausgeschnitten
Vier lange Sitzungen hatte Wenders mit dem Papst. Alle Fragen, die er dem Heiligen Vater stellte, sind herausgeschnitten – und die Antworten wurden so gefilmt, dass es wirkt, als schaue Franziskus die Zuschauer unmittelbar aus seinen warmen, freundlichen Augen an. Und erinnert sich daran, wie er in den 70er-Jahren als Priester junge Eltern dazu ermahnt hat, mit ihren Kindern Zeit zu vertrödeln.
Wenders hat, anders als mancherorts behauptet, gerade kein 96-Minuten-Porträt von Franziskus gedreht, dafür fehlt zu vieles, das nicht glatt aufgeht in der Biografie des Bergoglio-Papstes – kein Wort davon, dass er Chemotechniker war, dass seine Doktorarbeit unvollendet blieb, wie er sich als Sohn italienischer Einwanderer in der argentinischen Gesellschaft gefühlt hat oder wie sich sein widersprüchlicher Umgang mit Gedanken und Vertretern der Befreiungstheologie erklärt.
Das verlorengegangene soziale Gleichgewicht
Stattdessen spricht Franziskus über Umwelt und Klimaschutz, über Gerechtigkeit und das verlorengegangene soziale Gleichgewicht, Armut, Migration und die Probleme von Flüchtlingen. Darüber, dass man den Waffenhandel stoppen müsste. Über eine „neue Brüderlichkeit“, die nötig sei. Arbeitslosigkeit? „Mangel an Arbeit raubt uns die Würde.“ Kapitalismus? „Die Wirtschaft tötet, die Wirtschaft schließt aus.“ Und Mercedes Sosa singt für ihn gegen Abstumpfung und Gleichgültigkeit.
Der Papst nennt die Armut einen „Skandal“ und leitet daraus die Forderung ab, wir alle – zumindest in den Industrienationen – müssten ärmer werden. Wenn Wenders diese Forderung allerdings mit Schwarz-Weiß-Szenen über das Leben und die Wege des mittelalterlichen Franziskus zu unterstreichen versucht, weht ein Hauch von unfreiwilliger Komik und Kitsch durch den Film.
Einsatz für das Allgemeinwohl
Immerhin, handelt der Film von einem der Letzten, die sich für etwas einsetzen, was heute schon fast altmodisch klingt: das Allgemeinwohl. Nicht zuletzt deshalb wollte Wenders „eine größtmögliche Nähe zwischen Papst Franziskus und jedem Zuschauer herstellen“, wie er sich zitieren lässt. Und in der Tat werden die meisten das Kino nach diesem Film etwas ermutigter, etwas hoffnungsvoller verlassen als sie hineingegangen sind.