Stockholm. Unternehmen können sich Patente auf das Erbgut von Tieren und Pflanzen erteilen lassen, um so alle daraus entwickelten Anwendungen zu kontrollieren. Das gilt für gentechnisch veränderte Gemüse-„Supersorten“ wie auch für Kegelschnecken aus dem tropischen Meer, die Pate für ein wichtiges Schmerzmittel standen. Eine Studie schwedischer Forscher kommt jetzt zu dem Ergebnis, dass 98 Prozent der bestehenden Patente auf Genabschnitte von Meereslebewesen Unternehmen und Forschungseinrichtungen in nur zehn Ländern gehören. Und fast die Hälfte der Patente hält der deutsche Chemiekonzern BASF.

Unternehmen können sich Patente auf das Erbgut von Tieren und Pflanzen erteilen lassen, um so alle daraus entwickelten Anwendungen zu kontrollieren. Das gilt für gentechnisch veränderte Gemüse-„Supersorten“ wie auch für Kegelschnecken aus dem tropischen Meer, die Pate für ein wichtiges Schmerzmittel standen. Eine Studie schwedischer Forscher kommt jetzt zu dem Ergebnis, dass 98 Prozent der bestehenden Patente auf Genabschnitte von Meereslebewesen Unternehmen und Forschungseinrichtungen in nur zehn Ländern gehören. Und fast die Hälfte der Patente hält der deutsche Chemiekonzern BASF.

Das berichten Forscher um Robert Blasiak von der Universität Stockholm nach einer Bestandsaufnahme im Fachmagazin „Science Advances“. Die Untersuchung soll eine Grundlage bieten für die anstehenden Verhandlungen zum Umgang mit genetischen Ressourcen in internationalen Gewässern.

Fast die Hälfte der Patente hält der BASF-Konzern

Die Forscher sichteten 38 Millionen Einträge genetischer Sequenzen in Verbindung mit Patenten. Sie erstellten eine Datenbank mit Patenten zu rund 13 000 Genabschnitten von 862 Meereslebewesen. Diese reicht von Pottwalen und Riesenmantas bis zu Plankton und Mikroorganismen. Mehr als 1600 Erbgutsequenzen stammen von 91 Arten, die in der Tiefsee oder an heißen Unterseequellen bei Temperaturen über 100 Grad Celsius leben. „Dies führt zu einzigartigen Anpassungen, die sie zu einem Objekt von kommerziellem Interesse machen, insbesondere für biomedizinische und industrielle Anwendungen“, schreiben die Wissenschaftler.

Demnach gehören 47 Prozent der 13 000 patentierten Sequenzen einem einzigen Unternehmen: dem Chemiekonzern BASF. Den anderen 220 Unternehmen, die Patente auf marine Gensequenzen halten, gehören 37 Prozent. Etwa zwölf Prozent der Patente haben demnach Universitäten und davon ausgegründete kommerzielle Firmen.

Auch hier gibt es eine große Konzentration: Mehr als die Hälfte dieser Patente sind auf den Namen des Unternehmens Yeda Research and Development Co. Ltd. registriert, das mit dem Weizmann-Institut für Wissenschaften im israelischen Rechovot assoziiert ist. „Wir weisen darauf hin, dass die Identifizierung dieser Schlüsselakteure ein entscheidender Schritt ist, um Innovationen, mehr Gerechtigkeit und die Verantwortung für die Ozeane zu fördern“, schreiben Blasiak und Kollegen. Im September sollen die Verhandlungen beginnen zum Umgang mit genetischen Ressourcen in internationalen Gewässern – diese Areale stellen grob die Hälfte der gesamten Erdoberfläche.

Die Forscher verweisen auf das internationale Nagoya-Protokoll, das diese Frage für Gewässer unter nationaler Gerichtsbarkeit regelt. Es soll der Biopiraterie entgegenwirken oder wenigstens einen Ausgleich schaffen. Vor Inkrafttreten des Abkommens 2014 hatten Industrieländer etwa Wirkstoffe aus Pflanzen verschiedenster Länder verwertet, ohne das Ursprungsland angemessen zu beteiligen.

Das Protokoll regelt die Nutzung, wenn es um medizinische Anwendungen, um Nahrungsmittel oder auch um technische Produkte geht. Ein Beispiel: Die afrikanische Teufelskralle ist als als Naturheilmittel gegen Rheuma bei Pharmaunternehmen äußerst begehrt. Doch die indigenen Naturvölker, die das Wissen von der Heilkraft der Teufelskralle zuerst entdeckten und denen somit das Patent darauf eigentlich zustünde, hatten von diesen Profiten lange Zeit so gut wie nichts, obwohl bereits die internationale Konvention über die biologische Vielfalt einen gerechten Vorteilsausgleich bei der Nutzung solcher Ressourcen forderte. Mit dem Nagoya-Protokoll wurde dann nachgesteuert.

Doch bei den Patenten auf marine Gensequenzen gibt es ein Pro­blem: Zwei Drittel der Ozeane sind internationale Gewässer. Das heißt, die Meerestiere und -pflanzen dort fallen nicht unter das Abkommen. „Bis 2025 wird der globale Markt für marine Biotechnologie voraussichtlich 6,4 Milliarden Dollar erreichen und ein breites Spektrum von kommerziellen Zwecken für Pharma-, Biotreibstoff- und Chemieunternehmen abdecken“, sagt Co-Autorin Colette Wabnitz von der University of British Columbia in Vancouver. „Diese industriellen Führer müssen an den anstehenden Verhandlungen für einen Vertrag beteiligt werden, schon weil sie so einen großen Anteil der Patente auf Gensequenzen von Meeresbewohnern besitzen.“

Im Fall von BASF merken die Wissenschaftler an, dass sich das Unternehmen an gemeinnützigen Institutionen und Initiativen beteiligt: dem Weltwirtschaftsrat für nachhaltige Entwicklung, dem globalen Pakt der UN und den Richtlinien der Global-Reporting-Initiative. Durch ein solches Engagement könnten Unternehmen sich durch proaktives Verhalten auszeichnen.