Essen. . Tobias Ginsburg („Die Reise ins Reich“) und Liane Bednarz („Die Angstprediger“) betrachten in ihren Büchern die Auswüsche der Neuen Rechten.

Früher hieß er mal Uwe, dann wurde er Bhagwan-Jünger und jetzt lebt Arjun seine esoterischen Bedürfnisse bei den Reichsbürgern aus. Aber nicht im Winter, „die heizen hier so wenig“, sagt Arjun, und er hat Rücken, was mit 70 häufiger mal vorkommt. Und Wolfgang weiß, warum der Personalausweis so heißt, wie er heißt: Die Bundesrepublik ist in Wahrheit eine GmbH und wir sind nur ihr Personal. Wolfgang hat seinen Ausweis vernichtet und seinen Namen markenrechtlich schützen lassen – jetzt schickt er dem Staat jedesmal eine Rechnung, wenn der Wolfgangs Namen verwendet, um ihn anzuschreiben.

Wir wüssten nichts von diesen und vielen anderen verräterischen Details, wenn nicht der Theater-Regisseur und Autor Tobias Ginsburg so getan hätte, als wäre er auch ein Reichsbürger und sich für sein Reportagebuch „Die Reise ins Reich“ unter sie gemischt hätte. Rund 16.500 von diesen Menschen, die glauben, das Deutsche Reich mit der Verfassung von 1919 bestehe weiter, gibt es hierzulande (die meisten leben in Bayern). Seit allerdings im Oktober 2016 ein Reichsbürger im fränkischen Georgensmünd einen Polizisten erschoss, weil der die 30 Waffen des Reichsbürgers beschlagnahmen sollte, gelten sie nicht mehr nur als Spinner, sondern auch als gefährlich. Tobias Ginsburgs Erfahrungen „Unter Reichsbürgern“ legen jedoch nahe, dass für diese Menschen, die untereinander jede noch so absurde Verschwörungstheorie gelten lassen, eher Psychiater und Therapeuten als der Staatsschutz zuständig wären.

Ideologie-Berührungen mit der AfD

Wichtiger aber sind die ideologischen Berührungsflächen mit der AfD, die Ginsburg ebenso aufzeigt wie die Publizistin Liane Bednarz, die in dem Band „Die Angstprediger“ untersucht, wie Vordenker a la Karlheinz Weißmann, Götz Kubitschek („Institut für Staatspolitik“, „Antaios Verlag“) und Dieter Stein („Junge Freiheit“, deren Auflage sich in den letzten zehn Jahren fast verdoppelt hat auf 30.000) die rechte Szene vor sich her treiben.

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Bednarz zeigt an Denkmustern, Feindbildern und Lieblingsthemen der Neuen Rechten, wie sie versuchen, die konservativen Christen in Deutschland zu radikalisieren. Es geht um rechte Kritik an der „Frühsexualisierung“ von Kindern, um die Ablehnung von Euro und Abtreibung, Islam und angeblicher Islamisierung, um Kunstfreiheit und Medienschelte. Liane Bednarz zitiert und referiert ein Spektrum von rechten Meinungen, die in der Tat das zunehmende Einsickern von extremistisch fundierten Gedanken in konservativ-christliche Kreise befürchten lassen – trotz eklatanter Widersprüche zu christlicher Moral und Dogmatik.