Oberhausen. Mit Multicoptern Rennen zu fliegen, wird immer beliebter. Die Szene trifft sich am kommenden Wochenende bei der Messe Intermodellbau in Dortmund.

Adam Pyschny sitzt in seinem Campingstuhl im Untergeschoss eines Oberhausener Parkhauses. So sieht es aus, und so ist es auch. Doch für den 37-Jährigen fühlt es sich ganz und gar nicht so an. Stattdessen rast er gerade mit fast 100 Sachen zwischen den Betonsäulen des Parkdecks hindurch. Dank der Videobrille auf seiner Nase ist Adam Pyschny gefühlt an Bord der Drohne, die er mit der Fernsteuerung in seinen Händen über den Parcours pilotiert. Das verlangt höchste Konzentration, schließlich kann der kleinste Lenkfehler einen krachenden Crash zur Folge haben.

Schon-gewusst-WJCFDG.xml

Der Multicopter wird von Könnern nicht komplett gekauft, sondern aus einzelnen Komponenten zusammengebaut. Durchschnittlich 200 € legen die Aktiven des Vereins „FPV Modellsport Ruhrgebiet“ dafür an.

Die Ausrüstung wird komplettiert durch eine Funkfernbedienung (ca. 100 bis 200 €) sowie die Videobrille. Bei ihrem Kauf sollte besonders auf Qualität geachtet werden. Ein geeignetes Fabrikat gibt’s für ca. 300 bis 400 €.

Die Propeller sind Verschleißteile beim FPV Racing. Pro Training gehen im Schnitt zwei Sätze drauf. Thorsten Lenk: „Bei der Formel 1 werden die Reifen gewechselt, bei uns sind’s die Propeller.“ Zum Glück sind letztere günstiger: Ein Satz Propeller kostet ca. 2-3 €.

„Bei Wettkämpfen zittern manche Copter-Flieger richtig nach einem Flug, so angespannt sind sie“, erklärt Stefan Füsers (39, Foto), Vorsitzender des Vereins „FPV Modellrennsport Ruhrgebiet“, dem auch Adam Pyschny angehört. Gemeinsam mit Vereinskollege Thorsten Lenk lassen die beiden ihre Drohnen durchs Parkhaus rasen – oder vielmehr: ihre Multi-, Quadro- oder auch einfach nur Copter. „Das Wort Drohne vermeiden wir, es hat so eine negative Konnotation“, erklärt Pyschny. „Unsere Copter sind weder Spielzeug noch Waffe, sondern Sportgeräte.“

Bis zu 4000 Zuschauer

„FPV Racing“ heißt der Hobbytrend, der aktuell immer mehr Menschen begeistert. FPV steht für „First Person View“, womit die Ich-Perspektive bzw. Pilotensicht beim Steuern der meist mit vier Propellern ausgestatteten Drohnen gemeint ist. Die Bilder der kleinen Bordkamera werden per Funk in Echtzeit auf die Videobrille übertragen. „Wenn man sie aufhat, nimmt man nichts mehr vom Umfeld war, das erzeugt das besondere Fluggefühl“, erklärt Stefan Füsers die Faszination des Soloflugs per Fernsteuerung.

In der Szene spricht man dabei auch vom „Star Wars Effekt“, denn ein Youtube-Video verlieh dem „FPV“-Trend einst Flügel. 2014 filmten französische Drohnen-Enthusiasten, wie sie mit ihren Fluggeräten durch den Wald rasten – so wie Luke Skywalker im Star-Wars-Film „Die Rückkehr der Yedi-Ritter“. „Da haben sich bestimmt 70 Prozent der jetzt Aktiven infiziert“, vermutet Füsers lachend.

Heute gibt’s zahllose ähnliche Videos im Netz, die Technik verbessert sich ständig, und aus der Freizeittüftelei ist ein echter Sport geworden. Denn geflogen wird beim FPV-Racing schließlich um die Wette – zum Beispiel am Wochenende beim „Intercopter Racing Cup“ im Rahmen der Intermodellbau in Dortmund. Organisiert wird das größte Indoor-Multicopter-Rennen Europas vom FPV Modellrennsport Ruhrgebiet.

Besuch beim Training des FPV Modellrennsport Ruhrgebiet e.V. in Oberhausen
Besuch beim Training des FPV Modellrennsport Ruhrgebiet e.V. in Oberhausen © Fabian Strauch

„Wir wurden von der Messe angesprochen, ob wir bei der Intermodellbau nicht ein Rennen auf die Beine stellen wollen,“ erinnert sich Adam Pyschny. „Letztes Jahr war Premiere, jetzt geht’s in die zweite Runde.“ An den Start gehen Piloten aus sieben Ländern, natürlich auch die besten Deutschen, etwa Vorjahressieger Heiko Schenk. Bis zu 4000 Zuschauer können in der Westfalenhalle 1 gleichzeitig dabei sein, wenn die mit LEDs beleuchteten Copter durch den Parcours rasen. Auf Leinwände wird übertragen, was die Piloten auf ihrer Videobrille sehen.

Adam Pyschnys Flug im Parkhaus am Oberhausener Centro endet tatsächlich mit einem Crash. „Kein Problem“, sagt er lachend, „das gehört dazu.“ Und Vereinskollege Lenk erklärt, den Schraubenzieher schon in der Hand: „Wer mit Coptern Rennen fliegen will, der sollte sie auch reparieren können.“

Wo die Könner in die Luft gehen