Dingenskirchen. . „Die Trabantenstadt“ heißt in Hennes Benders Ruhrdeutsch-Übersetzung schlicht-genial „Dingenskirchen“. Was uns im zweiten Revier-Band erwartet...

„Leben wie ein Gott im Pott!“ Die hohlen Versprechen der Stadtplaner sind schon so oll, dass sie „fuffzich vor Christus sein Jesus“ entstanden sein könnten. Und tatsächlich, es gab sie schon zu Asterix‘ Zeiten, die „Park-un-reit-Arena auf Schalkum“ und mit „Wananas“ auch „dat modernste Planschbecken vom Revier“. Zumindest wenn man einen Blick nach „Dingenskirchen“ wirft.

Nun ist es gerade 20 Jahre her, dass Asterix mit „Zoff im Pott“ auch an der Ruhr gebührend eingemeindet wurde. Und das nicht nur, weil er mit dem prachtvollen Oberlippenbart ohnehin perfekt den Malocher-Chic zwischen Rheinhausen und Uentrop verkörpert. Als im Jahr 2016 Comedian, Pottgucker und Sprachstratege Hennes Bender die vergnügliche Sisyphusaufgabe übernahm, die gallischen Abenteuer in „Dat Revier“ zu verlegen, hat die Reihe ihre ganz eigene, komische Fahrt aufgenommen. Schon bei „Tour de Ruhr“ gab es so viele eigenständige, liebevolle Gags, dass es weit über eine Übersetzung hinausging. Und so ist es nun auch bei seinem zweiten Band, der eben jenen schönen Titel „Dingenskirchen“ trägt, eine kongeniale Umsetzung der 1974 auf Deutsch erschienenen „Trabantenstadt“. „Es ist eigentlich eine Parodie im Original“, sagt Hennes Bender selbst.

Stadtplanung als Cäsars Schwert

Er hat in den üppig ausgestatteten Bochumer Comicshop „Little Nemo“ eingeladen, um über die recht langwierige Übersetzung zu reden und über jene Detailversessenheit, die es braucht, um die weite Welt von Asterix bis Benderix unter einen Flügelhelm zu bekommen.

„Ich habe einen alten Band genommen und jede Sprechblase mit Tipp-Ex in Weiß ausgefüllt. Und wirklich mit Bleistift reingeschrieben“, berichtet er. Das war nötig, weil nicht nur die Texte sitzen sollten, sondern weil sie später auch gesetzt gut aussehen sollten. „Ich bin den Kollegen vom Verlag echt auf den Sack gegangen und habe oft gesagt: Das muss so sein, das darf nicht anders! Und das Schöne war: Die scheuen den Aufwand auch nicht! Das macht eine qualitativ hochwertige Arbeit aus.“

Zur Erinnerung: In „Die Trabantenstadt“ lässt Julius Cäsar seine Armeen mal zu Hause und greift zu einem viel gefährlicheren Mittel, um die aufmüpfigen Gallier zu besiegen: Stadtplanung. „Die Gegend wird umsaniert zum Landschaftspark“, sagt Cäsar nun. Und das Dorf der Gallier? „Dann wird dat Kaff automatisch ein Vorstadtghetto, ne Noli-Vadere-Area, wo nachher keiner nich mea wohn will!“

Mit Troubadix zum Steigerlied

Was René Goscinny und Albert Uderzo seinerzeit als Spitze gegen die Neubau-Depression der französischen „Banlieues“ ersonnen haben, funktioniert auch heute noch im Hinblick auf architektonische Sündenfälle der vergangenen Jahrzehnte im Ruhrgebiet. Auch die Vereinheitlichung und Verödung der Innenstädte sah Asterix irgendwie voraus, der Gallo-Ruhri stellt fest: „Menno! Aus unsam schönen Dorf is ne monotone Metropole geworden. Die ganze Struktur hat sich gewandelt…“ Was keineswegs eine vollkommen an den Schnurrbarthaaren herbeigezerrte Dehnung des Originals ist.

Bender geht nicht nur mit dem Text innerhalb der Sprechblasen liebevoll um, Lautmalereien gibt’s auch außerhalb. Welches Geräusch macht ein Baum beim Gefälltwerden? „Kusselkopp!“ Und auch wenn Baumeister Gentrifikatus auf den Mund fällt, macht es ein liebevolles „Wöms!“, das im Original noch nicht da war.

Eine Ehrerbietung für die ganze Region

Bender erweist der ganzen Region seine Ehrerbietung, selbst ihren hässlichen Seiten. Denn als Gentrifikatus sich beim Gallierdorf scheitern sieht, fasst er gleich Baupläne für neue Scheußlichkeiten: „Et gibt noh so schöne Orte im Revier, wo ich sch… schöne Sachen baun kann, dat Forum Mülheimum, dat Rathaus von Assindia, die Piazza Europa in Castrop…“ Und das einzige, was noch schöner ist als all diese Orte, ist das Lied, mit dem Troubadix die Zugezogenen aus den Neubau-Hütten vergrault: „Glückauf, Glückauf, der Steiger kommt...“ Nun, die alten Römer ziehen schockiert von dannen. Was ja, wenn man’s recht bedenkt, auch ein Beitrag zu „Das Revier soll schöner werden“ ist.

Erscheint am 4. April: Goscinny/Uderzo: Asterix auf Ruhrdeutsch 4 – Dingenskirchen. Übertragen von Hennes Bender. Egmont Ehapa, 48 Seiten + Glossar, gebunden 12 €.

Hennes Bender liest aus „Dingenskirchen“ am 11. April in Dortmund, Westenhellweg 27-41, Mayersche Buchhandlung, 20.15 Uhr, und am 15. Mai in Hattingen, Stadtbibliothek, 19.30 Uhr. Signierstunde: 26. Mai, Bochum, Little Nemo am Südring, 13 Uhr.