Das Kopfstand-Massiv wirkt wie ein Spielzeug für Riesen. Die Ausstellung „Der Berg ruft“ bietet grandiose Fotos und gut erzähltes Wissen.
Man muss schon genau hinhören. Und auch dann ruft der 7,5-Tonnen schwere Berg nicht gerade, der da im Gasometer von halber Höhe herunterhängt. Sondern er erzählt, zum berückenden Raunen der Musiksounds, von Sonnenauf- und -untergängen am Matterhorn, von Schnee und Fels und Besteigungsrouten (auch die der Erstbesteigung durch den Briten Edward Whymper 1865). Im Dunkel leuchten sie genauso wie die Steilheitsgrade der Felsen von Dunkellila über Rot bis Gelb. Die Kopfüber-Nachbildung von Europas bekanntestem Berg berührt nicht so die Seele wie der Erdball in der „Wunder der natur“-Ausstellung. Es ist mehr eine Herausforderung an den Verstand (sobald sich die leichten Schwindelgefühle gelegt haben).
Kosten: 1,4 Millionen Euro
Das Matterhorn will gesehen und begriffen sein, es schwebt nicht rund und heilig und scheinbar um sich selbst rotierend im Raum, es will auf der zweiten Gasometer-Ebene umwandert sein, und den allerbesten Blick darauf hat man einen Moment lang im Aufzug, wenn man von dort aus nicht nur das spitz nach unten zulaufende 17-Meter-Trumm (Grundfläche: 40 x 43 Meter), sondern zugleich auch sein steil aufragendes Ebenbild im Spiegel darunter sieht.
Trotz seiner Riesendimensionen wirkt der an Stahlseilen hängende Kunst-Berg (ein überspanntes Stahlgerüst) in der Mega-Tonne fast wie eine Kopf stehende XXL-Fußnote zur wunderbaren Foto- und Wissens-Ausstellung darunter. Die hat, sagte Gasometer-Chefin Jeanette Schmitz gestern, 1,4 Millionen Euro gekostet. Von der ersten Idee bis zur Eröffnung haben die Vorbereitungen über zwei Jahre gedauert, über 100 Menschen waren an der Entstehung beteiligt.
Zwischen den 150 großformatigen Fotos auf zwei Ebenen gibt es Staun-Stücke wie den Original-Eispickel der Matterhorn-Erstbesteigung (und einer Nachbildung des tödlich gerissenen Sicherungsseils) und einem Gesteinsbrocken vom Gipfel des Bergs, der mit dem Hubschrauber dort weggeflogen wurde und nach der Ausstellung an Matterhorn-Museum geht.
Monitore mit Einspiel-Filmen
Lehrreicher noch: der Korallenstein aus den Alpen, der bezeugt, dass sich dieses Gebirge aus einstigen Meerestiefen dadurch aufgefaltet hat, dass die afrikanische und die eurasische Erdplatte aufeinanderstießen. Auf 20 Monitoren erklärt die anheimelnde Stimme von Christian Brückner Besonderheiten der Gebirgswelt. In der unteren Etage werden die Besucher von 18 Panorama-Aufnahmen der großen Bergmassive dieser Welt empfangen.
Momentan empfehlen sich übrigens Bergschuhe mit dicken Wandersocken als Bekleidung für den Gasometer – wie um diese Jahreszeit üblich, ist es drinnen (mindestens gefühlt) noch kälter als draußen. Aber wer die Ausstellung mit wenig Gedränge erleben möchte, sollte durchaus jetzt hingehen, erfahrungsgemäß sind Ausstellungen in der ersten Woche am wenigsten besucht, weil alle denken, dass sie anfangs am vollsten sind. Und auf einen Gang aufs dem Dach sollte auch niemand verzichten. Als Jeanette Schmitz den Besuch aus Berchtesgaden vom Kooperationspartner „Haus der Berge“ da hoch führte, schwärmte Ulrich Brendelr: „Toll, wie weit man bei Euch gucken kann! Bei uns stehen immer die Berge im Weg.“
Öffnungszeiten: jeweils dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr sowie an Feiertagen. Zu sehen sein wird die Ausstellung bis mindestens 30. Dezember 2018.
Eintritt: 10 Euro (ermäßigt 7 Euro), Familienkarte (bis 5 Kinder) 23 Euro. Weitere Infos unter www.gasometer.de