Dortmund. . Vernetzen auf vielen Beinen: Britta Peters stellt die groben Umrisse für das Programm der Urbanen Künste Ruhr in den nächsten fünf Jahren vor.
Es hat eine Weile gedauert, bis sich Britta Peters, die seit Jahresbeginn amtierende Leiterin der Urbanen Künste Ruhr, durch die Vielfalt der Kunst-Akteure im Revier hindurchgewurstelt und verstanden hat, „wer hier was macht“. Sehr viel schneller begriffen hat die bekennende Klappradfahrerin Peters allerdings die desaströse Situation des Bus- und Bahnverkehrs im Ruhrgebiet, der sich ihr als großer Verhinderer von Metropolen-Qualität präsentiert hat.
Die Heimat, das Ich und der Globus
Umso mehr will die 1967 in Münster geborene Kuratorin, die dort gemeinsam mit Kunst-Guru Kasper König die 2017 so erfolgreichen „Skulptur Projekte“ auf die Beine gestellt hat, in den kommenden fünf Jahren mal zeigen, wie Vernetzung geht. Drei große Ausstellungen mit dem Titel „Ruhr Ding“ soll es zunächst geben, im Frühjahr 2019, im Herbst 2020 und im Frühjahr 2020: Dann soll es jeweils 15 bis 20 Kunstprojekte mit gemeinsamem Thema im ganzen Revier geben, ortsbezogen und inszeniert von regionalen wie internationalen Akteuren. Dazu werden, in Zusammenarbeit mit dem Ringlokschuppen und den Kunstvereinen Ruhr, Künstler zu drei- bis zwölfmonatigen Residenzen im Revier eingeladen.
Britta Peters beschrieb die Urbanen Künste Ruhr als „eine freundliche Spinne, die sich auf vielen Beinen fortbewegt“. Und zwar unter den Augen der Öffentlichkeit: Der Dienstagabend im Dortmunder Theater „Depot“, an dem sie ihre Pläne vorstellte, war zugleich der Auftakt zur Veranstaltungsreihe „Wandersalon“, bei der Künstler und Wissenschaftler vortragsweise ihre „Projekte, Ideen und kritischen Überlegungen“ zum großen „Ruhr Ding“ vorstellen. Das soll sich in der ersten Auflage in einem Jahr um die Begriffe „Identität“ und „Territorium“ drehen, es geht also um Dinge, die nicht nur das Ruhrgebiet betreffen, hier aber eine weitaus bewegendere Rolle spielen als andernorts: Heimat und Globalisierung, Nationalismus und weltweite Wanderungsbewegungen.
Als erste Künstlerin des „Ruhr Dings“ 2019 stellte sich die aus Zwickau stammende Medienkünstlerin Henrike Naumann (Jg. 1984) vor, die gerade auch im Mönchengladbacher Abteiberg ihre erste Museums-Ausstellung erlebt (Titel: „2000“, bis 10. Juni). Naumann hat sich bisher vor allem der Alltags- und Jugendkultur im Ostdeutschland der Nachwendejahre gewidmet. Nun will sie dem Zusammenhang von Ästhetik und politischer Radikalisierung nachgehen. Und sie weiß etwa nur zu gut um die Vernetzung der rechten Szene ihrer Heimatstadt Zwickau mit der, die sich in deren Partnerstadt Dortmund herausgebildet hat. Henrike Naumann wird für das „Ruhr Ding“ im kommenden Jahr in Dortmund eine Installation im Außenraum einrichten, in Zusammenarbeit mit dem Hartware Medienkunstverein im U-Turm.
Großer Kunst- und Theater-Fundus
Und noch eine große Neuerung will Britta Peters im Revier einführen: Es soll nach dem Vorbild der „Hanseatischen Materialverwaltung“ einen ständig wachsenden Fundus geben, der aus Requisiten und Materialien besteht, die nach Theaterinszenierungen oder Kunstausstellungen im ganzen Ruhrgebiet nicht mehr gebraucht werden – und zu schade zum Wegwerfen sind, weil sie noch weiterverliehen oder für kleines Geld verkauft werden können, an Schulen und andere Bildungseinrichtungen oder an Künstlerinnen und Künstler der freien Szene, die das Material weiter nutzen: „So etwas“, sagte Britta Peters mit einem metropolitanen Lächeln, „gibt es bislang nur in New York und Hamburg“.