Essen. . Für 13 Oscars ist Guillermo del Toros neuer Film „The Shape of Water“ nominiert. Es ist ein Kinomärchen mit poetischen Bildern.

Wer an den mexikanischen Regisseur Guillermo del Toro denkt, der denkt an einen der prächtigsten Geschichtenerzähler des gegenwärtigen Kinos, dessen Genrefilme stets geprägt sind von einer großen Liebe für seine Stoffe.

Man denkt aber auch an einen Filmemacher, dessen Werke nicht gerade einfach zu klassifizieren sind, auch wenn sie oft aus dem historischen Comic-Fundus schöpfen. Eigentlich sollte man sich eher für del Toros Figuren interessieren, denn da trifft man immer wieder auf Außenseiter der Gesellschaft, auf sogenannte Freaks und Monster, aber auch auf tragische Liebende, wie zuletzt in der Gothic-Romanze „Crimson Peak“.

In seinem jüngsten Film „The Shape of Water – Das Flüstern des Wassers“ wird man vieles davon wiederfinden, diesmal aber eingebunden in eine ungewöhnlich zarte Märchenstruktur.

Putzfrau trifft auf Wassermann

Die Geschichte spielt zu Beginn der 60er Jahre, mitten im Kalten Krieg, und sie wird getragen von einer stummen jungen Putzfrau, die in einem abgeschirmten Labor der US-Regierung arbeitet. Diese Elisa (Sally Hawkins) ist ein Findelkind, soll einst in der Nähe eines Gewässers ausgesetzt worden sein und lebt inzwischen ein streng ritualisiertes Dasein in einer kleinen Mietwohnung.

Diese Gleichförmigkeit ändert sich, als sie entdeckt, was da unter strenger Geheimhaltung in einem Trakt des Labors angeliefert wurde. Es ist ein seltsam schön wirkendes, männliches Wasserwesen (in der Maske: Doug Jones), das aus dem Amazonasgebiet stammt. Elisa fühlt sich von dieser Kreatur sofort magisch angezogen, kann schon bald mit ihr kommunizieren und spürt deren Angst und Hilflosigkeit.

Hommage an „Creature Features“

Natürlich kennt man solche Sujets aus dem Kino der 50er und 60er Jahre, als man fortwährend neue Horror-Wesen auf die Leinwand brachte, die dann als Stellvertreter der verhassten Kommunisten dienen mussten. Del Toros Film ist denn auch unverhohlen eine Hommage an diese „Creature Features“, nur dass es ihm diesmal um die Schönheit dieses fremden Wesens geht, das seinen Peinigern an Majestät haushoch überlegen ist.

Das wahre Monster erscheint dann auch in Gestalt des sadistischen Colonel Strickland (Michael Shannon), der das Wesen gern noch weiter gefoltert hätte, wenn obere Stellen nicht inzwischen den Befehl zur Tötung des Wassermanns gegeben hätten. Für Elisa ist das die Initialzündung, endlich zu agieren. Wie sie das anstellt mit Hilfe ihres sonst so zögerlichen Nachbarn Giles, ihrer Arbeitskollegin Zelda (Olivia Spencer) und eines russischen Agenten, das ist schon ein Kabinettstück für sich.

Ganz ohne Lüsternheit inszeniert

Wenn sie das Wesen dann endlich in Elisas zu kleiner Badewanne abgeliefert haben, dann weiß man auch bald, warum dies vor allem ein Märchen für Erwachsene ist. Denn ohne Rücksicht auf Nachbar Giles setzt Elisa jetzt alle Wasserhähne in Bewegung, um dem geliebten Wesen nun auch körperlich nahe zu sein.

Del Toro inszeniert das wie selbstverständlich, ganz ohne Lüsternheit. So selbstverständlich, wie Sally der neugierigen Zelda am nächsten Morgen mit Zeichensprache verdeutlicht, dass es tatsächlich geklappt hat.

Danach schenkt der Regisseur seinem Publikum aber noch ein in jeder Hinsicht zauberhaft poetisches Finale. Glücklich ist man da als Zuschauer längst. Man wäre es auch ohne die 13 Oscar-Nominierungen, die dem Film schmeicheln.

>>INFO: Leitmotiv vom Traum als Gegenwart

  • Der erste Film, mit dem der mexikanische Regisseur Guillermo del Toro (53) gänzlich einverstanden war, ist „The Devil’s Backbone“, der in einem Waisenhaus im Jahr 1939 spielt. Sein mit vielen Preisen dekorierter Film „Pans Labyrinth“ sieht er als dessen Schwesterfilm an. Er spielt ein paar Jahre später und erzählt die Geschichte eines Mädchens, das sich vor den Schrecken des Post-Bürgerkriegs-Spaniens in eine märchenhafte Traumwelt flüchtet.
  • Mit Filmen wie „Mimic – Angriff der Killerinsekten“, „Blade II“, seinen beiden „Hellboy“-Filmen und „Pacific Rim“ festigte del Toro seinen Ruf als versierter Genre-Regisseur.