Düsseldorf. . Triumph in Düsseldorf: Stürmischer Jubel für die deutsche Erstaufführung von David Bowies Musical „Lazarus“ im Schauspielhaus

Der letzte Ton der abschließenden musikalischen Himmelfahrt mit „Heroes“ war noch nicht ganz verhallt, da sprang das Publikum auf den Schauspielhaus-Rängen schon auf. Und entfachte einen Jubel-Sturm, wie ihn das Haus am Gründgensplatz schon länger nicht mehr erlebt hat (nicht zuletzt, weil es seit Jahren saniert wird und – wie jetzt – nur ausnahmsweise für Inszenierungen genutzt werden kann): Nach New York und London hat nun Düsseldorf als erste deutsche Bühne David Bowies einziges Musical „Lazarus“ auf dem Spielplan.

„Lazarus“ ist das Vermächtnis eines Stars

Am 7. Dezember 2015, wenige Wochen vor Bowies Tod im Januar darauf uraufgeführt, ist „Lazarus“ gemeinsam mit dem fast gleichzeitig erschienenen „Blackstar“-Album so etwas wie das Vermächtnis eines Stars, der sich zu Recht dagegen wehrte, „Chamäleon des Pop“ genannt zu werden. Es war ja genau andersherum: Bowie hat sich nie angepasst, er war nach seinen erfolglosen Londoner Anfängen in den 60er-Jahren seiner Zeit immer voraus, ragte heraus, wirkte oft wie von einem anderen Stern. Bowie war ein Inkubator, in dem das Brodeln von Avantgardekunst, Buddhismus und Science-Fiction immer wieder neue Facetten von Popkunst hervorbrachte.

Ein Mensch gewordener Außerirdischer

„Lazarus“, von Bowie gemeinsam mit dem irischen Dramatiker Enda Walsh entwickelt, bietet zwar (bis auf „Space Oddity“ mit Major Tom) seine größten Hits, ist aber die surreale Geschichte eines Mensch gewordenen Außerirdischen mit „E.T.“-Komplex: Thomas Newton, eine Figur aus Nicholas Roegs Film „Der Mann, der vom Himmel fiel“, ist ein unsterblicher Rock-Rentner, den diverse Gespenster seines Lebens einholen, vom mordenden Fan Valentine (Andre Kaczmarczyk als Mischung aus Frank N. Furter und Vampir) über den Jugendfreund Michael bis zur nervigen Assistentin Elly (Rosa Enskat als grandiose Midlife-Crisis-Karikatur). Newton, der sich hauptsächlich von Gin ernährt, erscheint eine Sterntaler-Figur, die ihn an seine ermordete Jugendgeliebte Mary Lou erinnert – sie und das Raumschiff für die Rückkehr ins All, das sie gemeinsam schaffen wollen, sind der rote Faden der Story, die ungefähr so sinnreich und logisch daherkommt wie die meisten Opern-Libretti.

Passend dazu hat Volker Hintermeier eine kreisförmige Bühne ins Schauspielhaus gebaut, die Platz für gleich zwei Showtreppen am Rand, ein Raumschiff-Gerüst mit Zahnarzt-Stuhl im Obergeschoss sowie ein ebenerdiges Futon-Bett mit Projektions-Paravent bietet. Das Video-Design von Stephan Komitsch sorgt wechselweise für kosmische oder metropolitan-mondäne Atmosphären, die den Schein des ganzen verdoppeln. Dass dauernd irgendwo ein Kameramann herumturnt, ist ja inzwischen nicht nur im Showbusiness so alltäglich, dass man es kaum noch wahrnimmt.

Eher Arien als Rocksongs

Der norwegisch-holländische Sänger Hans Petter Melø Dahl in der Hauptrolle könnte dank Maske und blauem Seidenanzug manchen David-Bowie-Ähnlichkeitswettbewerb gewinnen, zelebriert die Songs aber eher wie Arien denn als Rocksongs (was freilich auch schon in Bowies Melodramatik angelegt ist). Stimmlich ragen André Kaczmarczyk, Rosa Enskat und die drei längsgestreiften „Teenager Girls“ Inga Krischke, Eva Löser und Florentine Kühne heraus, der Sound der von Heinz Hox geleiteten Band ist ebenso ordentlich wie der übrige Gesang, der die Songs zu den eigentlichen Stars der Show macht. Düsseldorf dürfte damit einen Kult-Abend haben.

Termine: 6., 16. und 17. Februar; 3., 4. und 31. März, 1., 11., 12. und 30. April. Karten: 0211/36 99 11 oder www.dhaus.de