ESSEN. . Noch mehr beste Freunde: Der neue Film „Dieses bescheuerte Herz“ mit Elyas M’Barek will unterhalten – und das macht er richtig gut.

Klemmte nun wirklich das Gaspedal oder doch eher der Verstand? Wie auch immer – Vaters teures Cabriolet durchschlug die Garagentür und liegt nun auf dem Boden des Swimmingpools. Da muss sich selbst ein verwöhnter Studienabbrecher wie der Arztsohn Lenny Reinhard eingestehen, dass das jetzt blöd gelaufen ist. Trotzdem überlässt sich Lenny am nächsten Abend wieder auf Papas Kosten dem Nachtleben in der Disco mit Cocktails, Kokain und viel zu jungen Frauen.

Sinn für Humor und jugendliche Bedürfnisse

Der nächste Morgen allerdings bringt eine harte Landung in der Wirklichkeit, Lenny muss feststellen, dass ihm Geld und Unterkunft gesperrt worden sind. Vergebung ist möglich, will aber verdient sein – und winkt erst dann, wenn Lenny einen Sozialdienst als Betreuer von David leistet. Der ist 15 und hat von Geburt an so ziemlich nichts Gesundes an seinem Körper, weshalb er beständig Pflege braucht. Den Sinn für Humor und jugendliche Bedürfnisse hat David deshalb aber noch lange nicht verloren; so greift er Lennys Vorschlag auf und schreibt alles das auf einem Zettel nieder, was er in nächster Zeit abzuarbeiten gedenkt. Dass neben Cola und einem Besuch im Musikstudio auch ein Flirt mit einem Mädchen dazugehört, wundert Lenny am wenigsten. Und wenngleich Davids Mutter (Nadine Wrietz) berechtigte Vorbehalte anmeldet, kommen Patient und Pfleger schon bald immer besser mitein­ander klar.

Wie das eben zu laufen hat in einem zünftigen Kumpelfilm, der die gängigen Regeln und Muster befolgt. Dazu gehört die charakterliche Reifung hin zum verantwortungsvollen Erwachsensein im Stile des Bildungsromans ebenso wie das Erreichen von Zielen draußen im Leben. Und obwohl man nie das Münchner Stadtgebiet verlässt, wird die Bewährung von Freundschaft und Solidarität erfrischend eskortiert von Stilmitteln eines Roadmovies.

Basierend auf einer realen Geschichte

Und schon vergisst man, dass dieser Film auf einer realen Geschichte basiert, aus der schon Lars Amends gut verkauftes Tatsachenbuch hervorging. Selbstbewusst sucht man den Vergleich mit dem französischen Superhit „Ziemlich beste Freunde“, wenn Elyas M’Barek als vom Leben verwöhnter Frechdachs und Nachwuchstalent Philip Schwarz als erstaunlich agiler und immer sympathischer Problemfall den Tücken des Lebens gleichermaßen pragmatisch und optimistisch begegnen.

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Wie beim französischen Vorbild entfesselt sich auch hier ein unwiderstehlicher Unterhaltungscharme, weil Elyas M’Barek über eine lässige Starpräsenz verfügt, in der jede Bewegung, jeder Satz und jede Mimik zeitgemäß stimmig und authentisch sind. M’Barek schafft dabei nicht nur den Spagat zwischen der frechen Unbekümmertheit ei­nes Omar Sy und Jack Nicholsons Aufmüpfigkeit in „Einer flog über das Kuckucksnest“. Er ist auch ein überzeugender romantischer Held, wenn er in einer Nebenhandlung in eine Liebesgeschichte mit einer burschikosen Ärztin (mit viel Sinn für Ironie gespielt von Lisa Bitter) schliddert.

Weder leichte Schulter noch griesgrämige Betroffenheit

Gut geölt schnurrt dieser Film durch seine rund 100 Minuten Spielzeit. Regisseur Marc Rothemund (in diesem Jahr schon erfolgreich mit „Mein Blind Date mit dem Leben“) gießt das Geschehen in münchnerisch geleckte Bilder und umschifft gekonnt Sentiment und Peinlichkeiten, verlässt aber auch kaum das Terrain öffentlich-rechtlicher Primetime-Routine.

Die eigentliche Säule des Films ist das Drehbuch, an dem Andi Rogenhagen und Maggie Peren mitwirkten, die auch diesmal mit echt empfundenen Milieuskizzen und hintergründigen Nickligkeiten im Figurenbild der im Prinzip absehbaren Geschichte eine vitale Unberechenbarkeit einimpft. Weder nimmt sie die Krankheit des Jungen auf die leichte Schulter noch versinkt sie in griesgrämiger Betroffenheit. Dieser Film will unterhalten, und das macht er richtig gut.