Düsseldorf. . Schockrocker Marilyn Manson zelebriert beim Konzert in Düsseldorf auch seinen eigenen Beinbruch.

Englischsprachige Künstler, die in Deutschland auf Tour sind, haben’s schwer. Zumindest, was die lokalisierende Begrüßung ihres Publikums angeht. Während ihnen Städtenamen wie „Berlin“ noch vergleichsweise leicht von den Lippen kommen („Bö-linn“), stellen mit Umlautfallen versehene Wortungeheuer wie „Düsseldorf“ ein arges Problem dar. Mittwoch in der Mitsubishi Electric Halle findet Marilyn Manson dafür eine probate Lösung. Er verlegt sich einfach auf „Doitsch­land“. Was den Vorteil hat, dass das überall passt. Und dem 48-Jährigen offenbar so gut gefällt, dass er nicht müde wird, das zu wiederholen. Nur WM ist schöner.

Auch sonst zeigt sich der US-Amerikaner, der in den 1990er-Jahren mit Alben wie „Antichrist Superstar“ und, „Mechanical Ani­mals“ Furore machte und stilbildend für den Typus des provokanten Schockrockers mit Gruft-Appeal wurde, allen Schwierigkeiten gewachsen. Aus der Not (Wadenbeinbruch durch Bühnenunfall) macht er eine Tugend. Und mehr noch: er zelebriert sie. Aus dem obligatorisch aufwallenden Nebel taucht er in einer Kombination aus Hightech-Rollstuhl und gotischem Thron ruhend auf. Später lässt er sich dann von zwei in grüne OP-Kluft gehüllten Helfern eine Beinschiene anlegen. So kann er das Konzert durchstehen. Im doppelten Sinne.

6500 Fans – zum Teil mit ähnlichem Grusel-Make-up wie ihr bleicher Meister und in fast durchweg schwarzer Gewandung – sind erschienen, um Manson zu huldigen. Mit gutem Grund. Nach längerer Pause bewies „The Pale Emperor“ (2015), dass im Schattenreich des Glamrock noch immer einiges zu holen ist. Auch das aktuelle, im Oktober erschienene Album „Heaven Upside Down“ schwächelt kein bisschen. Auch live nicht. Wenn Manson und seine Band in Düsseldorf „Revelation #12“‚ „Kill4Me“ oder, „We Know Where You Fucking Live“ spielen, dann kombiniert das brachiale, metallische und puckernde Sounds von nachtdunkler Konsistenz mit einer einzigartigen Stimme. Sie klingt so, als stieße sich da einer die Bestückung eines ganzen Messerblocks nach und nach in die Kehle. Erst kreischend vor Schmerz, dann gurgelnd in seinem eigenen Blut. Das ist das wahrhaft Gruselige an Manson.

80 Minuten und zwei Zugaben

In knapp 80 Minuten mit zwei Zugaben ist auch noch Raum für Erinnerungen an „Matrix Reloaded“, für „mOBSCENE“ oder ein grandioses Set von „Mecanical Elements“, bei dem auch das Eurythmics-Cover „Sweet Dreams (Are Made Of This)“ nicht fehlen darf. Mitunter möchte man da schier vor Wonne zerbersten.

Trotzdem stellt sich kein Fluss ein. Es gibt zu viele Pausen, die nicht wie Teile einer Dramaturgie, sondern wie Unterbrechungen wirken. Womöglich aber den Folgen von Mansons Unfall geschuldet sind.