Dortmund. . Mit nur einer Handvoll Hits hat Little Richard die Musikwelt aus den Angeln gehoben, damals, als der Rock noch jung war. In alten Schwarz-Weiß-Filmen sieht man, wie der Sänger auf die Tasten seines Klaviers hämmert, als ob es kein Morgen gäbe. Er rollt die Augen, Schweiß rinnt über das Gesicht, er hüpft und zappelt. Die mächtige Pompadour-Frisur wippt gefährlich. Er kreischt hysterisch, die Stimme überschlägt sich: „Awopbopaloobop Alopbamboom!“

Mit nur einer Handvoll Hits hat Little Richard die Musikwelt aus den Angeln gehoben, damals, als der Rock noch jung war. In alten Schwarz-Weiß-Filmen sieht man, wie der Sänger auf die Tasten seines Klaviers hämmert, als ob es kein Morgen gäbe. Er rollt die Augen, Schweiß rinnt über das Gesicht, er hüpft und zappelt. Die mächtige Pompadour-Frisur wippt gefährlich. Er kreischt hysterisch, die Stimme überschlägt sich: „Awopbopaloobop Alopbamboom!“

Der Mann, der 1932 als eines von zwölf Kindern eines Kneipenbesitzers in Macon im US-Bundesstaat Georgia geboren wurde, zog seinem Publikum den Boden unter den Füßen weg. In nur knapp drei Jahren, von 1955 bis 1958, schleuderte der Afroamerikaner einige der Perlen der Rockmusik auf den Markt: „Tutti Frutti“, „Long Tall Sally“, „Good Golly Miss Molly“, „Lucille“, „Ready Teddy“, „Rip It Up“ und „The Girl Can’t Help It“. Am 5. Dezember wird Little Richard 85 Jahre alt.

Der raue Rhythm-and-Blues und der Boogie Woogie haben seinen Stil geprägt, typisch waren die hohen „Whoo!“-Schreie, mit denen er seine Songs würzte. Sex und Spaß, darum ging es bei Little Richard, der zeitlebens hin- und hergerissen war zwischen Rock’n’Roll und der Suche nach Heil im Christentum. Als Jugendlicher spielte Richard Wayne Penniman – so sein Geburtsname – in Kirchen in seiner Heimatregion und wollte Pfarrer werden.

Wegen seiner Homosexualität hätten ihn seine Eltern aus dem Haus geworfen, erzählte er später in Interviews. Er brach die Schule ab, zog mit Varietéshows durchs Land, startete seine Solokarriere und hatte ab 1952 einige regionale Rhythm-and-Blues-Hits.

Mit seinem hektischen Schreigesang und einem Pianospiel, dessen Staccato an Maschinengewehrfeuer erinnerte, bereitete Little Richard dem Rock’n’Roll den Weg. „Er gab das Tempo vor“ für die heutige Rock- und Popmusik, sagte die Rhythm-and-Blues-Legende Ray Charles über ihn.

Seine Fans liebten den stets geschminkten Entertainer mit dem schmalen Oberlippenbärtchen, der auf der Bühne den Irren mimte und sich „Luuucille!“ schreiend das Hemd vom Leibe riss. Begeistert war sein Teenager-Publikum von den anzüglichen Texten, die seine Schallplattenfirmen vergeblich versuchten, zu entschärfen. Bei Richards größtem, Ende 1955 aufgenommen Hit „Tutti Frutti“ berichtet der Erzähler mit sexuellen Anspielungen von seiner Freundin Sue, die „genau weiß, was zu tun ist“. Sie „rockt“ mal hier und mal da und dennoch liebe er sie am meisten, versichert er.

Auf dem Höhepunkt seines Erfolgs 1957 dann die Wende: Little Richard entsagt dem „lasterhaften und ausschweifenden Lebensstil“. Das tief religiöse Mitglied der protestantischen Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten ließ sich zum Priester ausbilden, predigte, nahm Gospelmusik auf. Frustriert darüber, dass er beim evangelikalen Publikum mit seinen frommen Schallplatten nur wenig Gehör fand, kehrte er 1964 zum Rock zurück.

Zu spät, denn über Little Richard war die Zeit hinweggerollt: Junge Bands wie die „Beatles“, mit denen er 1962 im Hamburger „Starclub“ aufgetreten war, und die „Rolling Stones“ hatten sich an seine Stelle gesetzt. Der Comeback-Versuch schlug fehl. Dennoch füllte er als glamouröser Altrocker weiterhin mit Revival-Shows die Konzerthallen und war gerngesehener Gast in US-Talkshows.

Gesundheitlich angeschlagen verkündete Little Richard 2013 seinen endgültigen Abschied aus dem Musikgeschäft: „Ich bin fertig.“ Einem US-Fernsehsender sagte der einstige Rock’n’Roll-Priester im vergangenen September: „Gott sagte mir, Du kannst nicht zwei Herren dienen. Lass es bleiben.“