Duisburg. . Zur Verleihung des Wilhelm-Lehmbruck-Preises an die Künstlerin zeigt das Duisburger Museum die Ausstellung „Hauchkörper als Lebenszyklus“

Wie im leichten Wind wiegen sich zwölf goldenen Speere kaum wahrnehmbar langsam hin und her. Balancierend auf ihren Spitzen, werden sie von einer unsichtbaren Maschinerie unter dem schwarzen Podest bewegt. „Hauchkörper“ heißt dieses Werk von Rebecca Horn, das die zehnte Preisträgerin des Wilhelm-Lehmbruck-Preises dem Duisburger Museum für die große Ausstellung „Hauchkörper als Lebenszyklus“ zur Verfügung gestellt hat. Es ist eines von vier Werken aus dem Frühjahr 2017, die einen künstlerischen Neuanfang markieren.

Vor zwei Jahren hat die 1944 geborene und mit den international renommiertesten Kunstpreisen ausgezeichnete Künstlerin einen Schlaganfall erlitten und sitzt seither im Rollstuhl. Schon während ihrer Studienzeit in Hamburg war sie wegen des Umgangs mit giftigen Materialien schwer erkrankt. Es mögen auch solche Erfahrungen sein, die ihre Werke so lebendig und starr zugleich, so schwebend zwischen Diesseits und Jenseits machen. Acht Speere hat sie zu einem „Tanz in einer Pirouette“ aufgestellt, zwei Speere stehen in Bronzeabgüssen viel getragener Schuhe der Künstlerin. Den pathetischen Titel „Umschlungen in unendlicher Liebe“ gibt sie einer Skulptur mit drei Ringen, die sich wie Bahnen eines Planetensystems drehen und Parallelität nur in großen Abständen erreichen.

Bewegung und (Nicht-)Berührung sind Themen, die die Installations- und Performance-Künstlerin Rebecca Horn immer wieder bearbeitet hat, wie die Ausstellung im Rückblick auf ein fast 40-jähriges Schaffen zeigt. Bei der „Pfauenmaschine“ von 1982 bewegen sich Metallstäbe, die einem runden Metallgestell entspringen, vor und zurück. In einer Wandarbeit von 1995 pendelt ein meterlanger spitzer Stab haarscharf über einem Straußenei.

In „Peters Geige“ wird mechanisch ein Metallstab auf die Saiten gesetzt, sie verharren einen Moment, dann fallen Geige und Stab abrupt mit einem kratzenden Geräusch herunter.

Wie ein riesiges Instrument wirkt der „Schildkrötenseufzerbaum“ aus verzweigten Kupferrohren mit Trichtern, aus denen Menschenstimmen in unterschiedlichen Sprachen von ihren Sorgen erzählen.

Rebecca Horns Kunst bewegt sich auf dem Grat zwischen Lebewesen und Maschine, zwischen Zartheit und Härte, fordert Konzentration, zeigt aber auch das Lächeln der Surrealität.

Dass sie die erste Frau ist, der der Wilhelm-Lehmbruck-Preis verliehen wird, stelle sie mit einer „gewissen Genugtuung“ fest, hat Rebecca Horn gesagt. Zu Joseph Beuys, neben Richard Serra und Jean Tinguely, spüre sie eine Seelenverwandtschaft; zu seinem Tod schrieb sie ein Gedicht.

Für das Lehmbruck-Museum ist die Verleihung des mit 10 000 Euro dotierten Preises, der nur alle fünf Jahre vergeben wird, auch eine Art Neuanfang. War er doch zuletzt 2006 verliehen und dann dem Spardiktat geopfert worden.

Das Land NRW, viele private Sponsoren und örtliche Geldinstitute haben nun zusammengelegt, auch damit die Ausstellung zustande kommen konnte. „Ich freue mich, dass der Preis wiederbelebt werden konnte“, sagt Kulturdezernent Thomas Krützberg.

Lehmbruck-Museum, Friedrich-Wilhelm-Straße 40, 47051 Duisburg (Di bis Fr 12 bis 17, Sa und So 11 bis 17 Uhr). Eintritt 9/5 Euro, Katalog 39,80 Euro.

Die Ausstellung endet am 1. April mit einem Konzert von Hauschka.