Mülheim. . Großes Theater: Elfriede Jelineks provokanter Text „Am Königsweg“ wird im Mülheimer Theater an der Ruhr aufgeführt – und vom Publikum gefeiert.

In den USA denken angesichts der Krise zwischen den Staaten und Nordkorea Politiker, Militärs und Geheimdienste laut darüber nach, wie sie ihren unberechenbaren Präsidenten unter Kontrolle bekommen können.

In Mülheim nimmt Philipp Preuss den Ausgang warnend vorweg. Wenn sich der Vorhang schließt, und ehe sich Ensemble und Inszenierungsteam einem Beifall stellen, wie er in dieser Stärke am Raffelberg lange nicht zu hören war, werden Filmaufnahmen amerikanischer Atombombenversuche der 50er- und 60er-Jahre projiziert. Kann wirklich nichts diesen König auf seinem Weg aufhalten?

Name „Trump“ wird nicht genannt

In Elfriede Jelineks provokantem Text „Am Königsweg“, den sie unmittelbar nach der Wahl Donald Trumps für das Hamburger Schauspielhaus schrieb und der nach der Uraufführung nun vom Theater an der Ruhr in Szene gesetzt wird, fällt der Name Trump kein einziges Mal. Das ist einerseits nicht erforderlich, weil jedem klar ist, wer sich hinter dieser mit Blindheit geschlagenen, durch nicht immer ganz legale Geschäfte zu unvorstellbarem Reichtum (und Macht) gelangten, selbstverliebten Königsfigur verbirgt.

Andererseits dürfte das dem Stück über die politische Aktualität hinaus noch dann Bestand sichern, wenn Trump längst Geschichte ist. Geht es doch um gesellschaftliche Entwicklungen, die kaum noch zu stoppen sind. Wenn die Saat blinder Rücksichtslosigkeit und Gewalt erst einmal, öffentlich verkündet oder medial gezwitschert, gelegt ist, treibt sie Früchte auch ohne Zutun des Sämanns.

Die Bühne als goldener Palast

Vom Boden bis zu den Wandbehängen erstrahlt die Bühne (Ramallah Aubrecht) als goldener Palast. In diesem festlichen Rahmen, der durch Händels leitmotivisch eingesetzte Krönungshymne „Zadoc the Priest“ erweitert wird, treibt Preuss das grandios aufspielende Ensemble (Simone Thoma, Klaus Herzog, Fabio Mendez, Thomas Schweiberer, Rupert Seidel) mit viel Fantasie und Spaß am Urkomischen im Todernsten durch einen Abend, der nie lang wird.

Zumal Preuss und Chefdramaturg Helmut Schäfer ein Element einbringen, das dem Sprachbild eines „aus dem Bauch heraus“ agierenden Menschen neue Gestalt gibt. Video-Großprojektionen zeigen den Bauch Thomas Schweiberers, darauf eine groteske Fratze gemalt, die zur Synchronstimme Rupert Seidels frisst, rülpst, Brutalitäten und Obszönitäten absondert und den Gesamttenor des Vulgären, Ordinären noch verstärkt.

Ein großer Theaterabend in Mülheim

Bauches Stimme stammt dann von Alfred Jarry, der bereits Ende des 19. Jahrhunderts seinen primitiven und machtbesessenen „König Ubu“ auf die Menschheit losließ. Ein großer Theaterabend, in dessen leisen Tönen aber auch viel Resignation der Autorin mitzuschwingen scheint. Als wäre Elfriede Jelinek müde geworden, noch weiterhin gegen die Missstände der Welt anzuschreiben.

Termine: 24.11.; 9.12. (19.30 Uhr). Tel. 0208-5990188.