. Wir haben die Gewinner des Deutschen Jugendliteraturpreises gesichtet. In welches Buch sollten junge Leser einen Blick werfen?

Gudrun Pausewang, Autorin des Reaktorunfall-Romans „Die Wolke“, wurde mit dem diesjährigen Deutschen Jugendliteraturpreis für ihr Gesamtwerk geehrt. Wir haben uns die Gewinner-Titel in den verschiedenen Kategorien angeschaut. In diesem Jahr kam eine weitere hinzu: „Neue Talente“. Welche Bücher eignen sich gut zum Vor- und Selberlesen?

Bilderbuch

„Hier kommt keiner durch!“, sagt der Aufseher und versperrt den Weg von der linken auf die rechte Buchseite. Die rechte Seite soll weiß bleiben, so der Befehl des Generals. Den Sinn dieser Regel stellt er nicht in Frage. Aber das tun nach und nach die vielen bunten Menschen, die auf die rechte Seite wollen. Isabel Minhós Martins hat ein Bilderbuch erdacht, das Autoritäten hinterfragt. Die Gestaltung ist etwas Besonderes, auch die kindlich anmutenden Filzstift-Figuren von Bernardo P. Carvalho fallen ins Auge. Nur zum Vorlesen ist das Buch nicht gut geeignet. Es ist eher eine wunderbare Grundlage, um schon zusammen mit den Kleinsten zu diskutieren, welche Regeln sinnvoll sind. (Aus dem Portugiesischen: Franziska Hauffe, Klett, 40 S., 13,95 €, ab 4)

Kinderbuch

„Sally Jones. Mord ohne Leiche“ ist ein Krimi für Jungen und Mädchen ab 9, in dem auch noch etwas ältere Kinder gern schmökern. Sally Jones, ein Menschenaffe, kann natürlich nicht sprechen, aber schreiben. Und so tippt sie auf einer alten Schreibmaschine die Abenteuer ihres Lebens. Wie ihr bester Freund in Lissabon verhaftet wird, wie sie bis nach Indien reist, um seine Unschuld zu beweisen. Wie sie sich verraten fühlt und neue Freunde gewinnt. Jakob Wegelius erzählt spannend, humorvoll und warmherzig. Zwischenmenschliches leuchtet er genauso aus wie die Kulturen der Länder, die Sally Jones bereist. Zum Abtauchen schön sind auch seine Zeichnungen, etwa die Landkarten, die den Weg der tierischen Heldin zeigen. Dieses Buch hat von der ersten bis zur letzten Seite den Preis verdient. (Aus dem Schwedischen: Gabriele ­Haefs, Gerstenberg, 619 Seiten, 19,95 €, ab 9)

Jugendbuch

Ruth hat mit dem Tod ihres Papas nicht nur den Vater verloren. Sondern auch die Mutter, die den Verlust nicht überwindet. Ruth und ihre Schwester wachsen bei der Oma auf, die Regeln, aber keine Wärme zu kennen scheint. Dieses ist nur eines von mehreren Schicksalen, die verschiedene junge Menschen in Alaska erleben, kurz nachdem das Gebiet Ende der 1950er der 49. Bundesstaat der USA wurde. Bonnie-Sue Hitchcock erzählt in „Der Geruch von Häusern anderer Leute“ die Geschichten der Jugendlichen parallel. Bis sich deren Wege kreuzen. Die Sorgen und Nöte der Menschen vermittelt die Autorin glaubhaft, die Kultur des Landes kommt dabei etwas kurz. (Aus dem Englischen: Sonja Finck, Königskinder, 319 S., 17,99 €, ab 15)

Preis der Jugendjury

Die Jugendjury trifft mit ihrer Wahl oft ins Herz der Leser. Dieses Mal hat sie eine Liebesgeschichte prämiert: Ein Junge lernt einen anderen über das Internet kennen. Schon bald spüren beide, dass sie mehr als eine reine Netz-Freundschaft verbindet. Doch wie viel wollen sie von sich preisgeben? Ihre Freunde und Familien wissen nicht, dass sie homosexuell sind. Und auch sie selbst mailen sich nur anonym. „Nur drei Worte“ von Becky Albertalli erzählt berührend von zwei Jungen auf der Suche nach ihrer Identität, von ihrer Angst vor den Reaktionen. Junge Leser können sich gut einfühlen. Ein Buch, das Verständnis weckt. (Aus dem Englischen: Ingo Herzke, Carlsen, 315 S., 16,99 €, ab 14)

Neue Talente

Erstmals werden neue Talente ausgezeichnet: Der Preisträger ist Mario Fesler mit „Lizzy Carbon und der Klub der Verlierer“. Lizzy ist eine Außenseiterin, die sich das ausgrenzende Verhalten der Mitschüler nicht mehr gefallen lässt. Mit viel Humor erzählt Fesler, wie sie für sich einsteht. Dieser neue Preis ist nicht nur eine gelungene Förderung eines deutschsprachigen Autors, der sich gut in das Seelenleben einfühlt. Junge Leser erkennen in der Geschichte auch ihre eigene Lebenswirklichkeit. Die minderjährigen Schüler fahren nicht wie so oft in Jugendbüchern mit dem Auto zur Highschool. Stattdessen ist da auch mal die Rede von Bundesjugendspielen. Wer von Lizzy nicht genug bekommt: Der zweite Band ist bereits erschienen. (Magellan, 240 S., 14,95 €, ab 12)

Sachbuch

Die Bienen sind so alt wie Dinosaurier. So beginnt das schöne Sachbuch zum Vor- und Selberlesen. Aber vor allem zum Schauen: Piotr Socha beschreibt nicht nur die Geschichte der „Bienen“, er illustriert sie auch so üppig und honigsüß, dass man sich daran nicht sattsieht. Er zeigt alle Facetten der fleißigen Biene, wie sie lebt und tanzt. Er erzählt, wie die alten Griechen den Honig als Speise der Götter verehrten. Dabei essen wir nur das, „was die Biene ausspuckt“. Der Autor lässt auch die Schattenseite der modernen Landwirtschaft nicht aus: das Bienensterben. Mit der Folge, dass Imker auf die Dächer der Städte ziehen. (Aus dem Polnischen: Thomas Weiler: Gerstenberg, 80 S., 24,95 €, ab 6)