Ausstellung in Wuppertal: Édouard Manet, der Wesens-Maler
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Wuppertal. . Das Wuppertaler Von-der-Heydt-Museum zeigt mit seiner neuen Ausstellung 45 Gemälde von Manet – und auch den politischen Künstler, der er war.
Es ist ja was dran: Édouard Manet war ein durch und durch politischer Mensch. Er verzierte schon mal einen Briefbogen gekonnt mit einer geschwungenen Tricolore und schrieb quer darüber: „Vive la République!“ Und die erste Seite seines privaten Foto-Albums zierten vier bekannte Politiker seiner Zeit, darunter auch der spätere Ministerpräsident Georges Clemenceau. Und so bettet die Manet-Ausstellung des Wuppertaler Von-der-Heydt-Museums, die am kommenden Dienstag eröffnet wird, die Werke des Malers fleißig in den geistigen und historischen Horizont seiner Zeit ein.
Doch ausgerechnet das politischste Bild Manets, „Die Erschießung des Kaisers Maximilian von Mexiko“, das er in vier verschiedenen Versionen malte, wird in Wuppertal nur als Lithografie zu sehen sein. Immerhin vermittelt „Die Explosion“ aus dem Museum Folkwang, die an wegfliegenden Soldatenleibern die verheerende Wirkung von Sprengstoff geradezu schmerzhaft vorführt, eine Ahnung von der Suche Manets nach politischer Wirkung.
Gesellschaftliche Wirkung hatten ja allemal seine Skandal-Bilder „Olympia“ und „Das Frühstück im Grünen“ erzielt (die beide viel zu kostbar sind, um aus dem Pariser Musee d’Orsay ausgeliehen zu werden), aber da ging es ja mit den herausfordernd offen aus den Bildern herausblickenden nackten Frauen eher um die pharisäerhafte Sexualmoral der bürgerlichen Gesellschaft im späten 19. Jahrhundert. Auch sein „Selbstmörder“, ab dem 7. November im Von-der-Heydt zu Gast, hat noch diesen tabuverletzenden Impetus, der auf gesellschaftliche Veränderung abzielt. Zunächst aber war sie eine andere: „Die Menge lachte vor diesen Meisterwerken,“ schrieb Marcel Proust, „es war ein Chor von halbwahnsinnigen, satten Spießbürgern.“
Manets elegante Welt im Von der Heydt-Museum
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Ein politischer, ein kritischer Maler war dieser Impressionist, der mit allen Impressionisten befreundet war, aber an keiner ihrer Ausstellungen teilgenommen hat, eher indirekt, wie Wuppertals eloquenter Museums-Chef Gerhard Finckh einräumt. Er ist sichtlich stolz, mit 45 Ölgemälden immerhin zehn Prozent des malerischen Gesamtwerks zeigen zu können – als Manet 1883 von der Syphilis dahingerafft wurde, war er gerade mal 51 Jahre alt. Und hatte kurz vorher eine atemberaubend langweilige Kur in Rueil vor den Toren von Paris gemacht. Vor lauter Eintönigkeit malte ein und dasselbe Landhaus wieder und wieder und schöner von Mal zu Mal.
Manet suchte das Wesentliche in den Dingen: Nirgends ist es besser zu sehen als in seinen Stillleben, was der Grund dafür sein dürfte, dass sie bis heute die Blicke der Besucher auf sich ziehen, die „Zitrone“, die „Melone“, die dunkel vor sich hinglosende „Distel“ und der tote Hase am Fensterkreuz, der so gar kein flauschiges Fell hat wie das zehn Jahre später entstandenen Pendant des deutschen Malers Otto Scholderer, dem er hier gegenüberhängt. Für Manet ist, gerade weil er über den bloßen Anschein hinaus malt, das „Zeigen eine Lebensfrage des Künstlers“, wie er einmal gesagt hat. Es geht darum, Dinge zur Diskussion zu stellen – ein ur-demokratisches Anliegen.
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