Bochum. . Reduziert, körperbetont, mit feministischem Blick: Zum Spielzeitbeginn gibt es in Bochum einen ungewöhnlichen Blick auf „Maria Stuart“.
Mit Schillers „Maria Stuart“ endete der Reigen der Auftaktpremieren am Schauspielhaus Bochum. Heike M. Götze nähert sich dem Klassiker reduziert, körperbetont und mit feministischem Blick. In den Kammerspielen entlädt sich ein archaisches Ritual als Machtkampf im Morgenrock zwischen zwei Frauen.
„Maria Stuart“ handelt von Ränken und Verlust, Ehrgeiz und Erniedrigung, die Elisabeth, Königin von England, mit der konkurrierenden Maria, Königin von Schottland, verbinden. Ein Machtspiel, wenn auch von zwei Frauen ausgetragen. „Heute noch ungewöhnlich in einer patriarchalischen Welt“, wie Götze sagt.
Schillers „Maria Stuart“ zeigt sich am Bochumer Schauspielhaus im Gewand einer antiken Tragödie
In ihrer Inszenierung, die Schillers ausladendes Drama stark filetiert, wird dieses Ringen zum verbissenen Cat-Fight. Körperlichkeit spritzt aus allen Szenen, Maria und Elisabeth agieren mit blanken Brüsten, verhüllt lediglich von wehenden Morgenmänteln, umherirrend in einer Dunkelkammer aus Plastikkisten, die sich zu einem Treppenwald stapeln, der immer wieder durchlaufen, durchmessen werden muss. Das heftige Gegeneinander zweier mächtiger Frauen, das immer auch ein Miteinander ist, spielt in einer Männerwelt, die Berater und Liebhaber, Verräter und Attentäter hervorbringt – wobei die Gesichter, die Persönlichkeit von Schiller-Figuren wie Dudley, Talbot oder Mortimer die Regisseurin nicht interessieren. Die „Männer“ kommen als antiker Chor hervor, ohne Individualität, aber immer in der Absicht (und der brutalen Gewissheit), dass die machtvollen Frauen nur bestehen können, wenn sie den von ihnen gesetzten Regeln folgen: It’s a man’s world. Am Ende geben sich die Frauen einen schwesterlichen Kuss, aber auch das nutzt nichts mehr. Thron und Lebensglück sind perdu, am Ende fallen beide. „Der Mann“ greift nach der Krone.
Diese „Maria Stuart“ macht es einem nicht leicht. Sex, Gewalt, Machtposen – hier gibt’s das volle Paket. Man ist wie betäubt von der schieren Präsenz von Bettina Engelhart als Elisabeth und zumal Johanna Eiworth als Maria, die sich zwei Stunden lang im Wort- wie im körperlichen Sinn nichts schenken. Schillers Drama fällt zurück auf einen archaischen Mythos, männlich gegen weiblich, Tod gegen Leben, Mitleid gegen Hass. Dazu dröhnt durch diesen Endzeitkeller der Vergeblichkeit (Bühne und Kostüme ebenfalls Heike M. Götze) eine hämmernde, techno-mäßige Musik. Am Schluss kracht der eiserne Vorhang in aller gebotenen Endgültigkeit ‘runter.
Das Spiel um die Macht ist aus. Und geht doch immer weiter.