Essen. Der gefragte New Yorker Choreograf Trajal Harrell gastiert mit „Caen Amour“ bei der Ruhrtriennale.

Ihre Bühne ist ein Laufsteg. Die Tänzer posieren mit vorgehaltenen Kleidern, laufen auf Zehenspitzen. Herausfordernder Blick, wiegender Hüftschwung, schnelle Drehung. US-Choreograf Trajal Harrell ist bekannt für seine Voguing-Performances, einer Art getanzte Modenschau. In „Caen Amour“ verbindet er das mit einem Blick in die Tanzgeschichte, verarbeitet Loïe Fullers Serpentinentänze unter wallendem Stoff aus der Zeit um 1900 und den pseudo-orientalischen, erotischen „Hoochie Koochie“, der ab 1870 in amerikanischen Bars erfolgreich wurde. Für „Caen Amour“ hat die Ruhrtriennale Zusatzvorstellungen ins Programm genommen. Das Interesse ist groß, der New Yorker Choreograf hier nicht häufig zu sehen.

Trajal Harrell begibt sich auch selbst auf die Pact Zollverein-Bühne. Im hautengen Oberteil geschmeidig tanzend, posend, groß gestikulierend. Seine Körperhaltung, seine Gemütsverfassung wechseln fließend und extrem wie die eingespielte Musik. Auf erotisierendes Strahlen und Wiegen folgt müdes, verzweifeltes Straucheln. Alles überlagert sich, die Zeiten, die Tanzstile, die Musik. Auch die Perspektive der Zuschauer wird verschieden gelenkt. Das Publikum darf hinter die Kulissenwand blicken, auf Kostüme, Erotik-Hefte, nackte Haut.

Die Männer tanzen vorne und spielen mit Kleidung und (Geschlechter-)Klischees. Hinten räkelt sich die nackte Perle Palombe für Ü-18-Jährige. So will Harrell verführen und die Verführung ausstellen. Überhaupt will die Performance eine Menge: in die Geschichte schauen und Zusammenhänge zur Tanzentwicklung herstellen, den männlichen Blick thematisieren und rassistischen Exotismus. Aber sie bietet fast nur schönes Anschauungsmaterial. Alles andere bleibt Theorie.