„Ist schon offen?“ „Nein.“ „Ich dachte, weil die Tür offen ist.“ „Nein, ich putze nur“, sagte Frank.
„Ist schon offen?“ „Nein.“ „Ich dachte, weil die Tür offen ist.“ „Nein, ich putze nur“, sagte Frank.
Wie oft lesen wir diesen Dialog im neuen Lehmann-Roman „Wiener Straße“? Zehnmal, zwanzigmal? Frank Lehmann ist (einmal mehr) gerade von Bremen nach Berlin gezogen im November 1980, er jobbt im Café Einfall, um ihn herum der in sich schmorende Kreuzberger Irrsinn: Das Künstlerkollektiv um P. Immel, das für Fernsehreporter die wilden Hausbesetzer mimt. Erwin, dessen Helga ein Kind erwartet und der deshalb seine Freunde aus der Wohnung wirft und direkt über dem Café Einfall einquartiert – und brav mit einem wassergefüllten Schwangerschaftssimulator durch die Welt watschelt, die Zeiten waren eben so.
Zwei, drei Sätze, und schon sind wir mittendrin im Kosmos der schrägen Vögel, an deren Baum immer schon die Kettensäge ansetzt (zum Beispiel die von Künstler H.R. Ledigt). Bis zum großen Showdown beim Galeriewochenende sehen wir Chrissie und ihrer Mutter beim Verkauf von Kuchen zu, die im Nix-geworden-Fall flott zu Kunst erklärt werden. Begleiten wir Einkäufe im Baumarkt und beim Weinhändler, tapezieren und lamentieren wir: So lebensnah springen uns Regeners Szenen und Dialoge an, dass zuschauendes Lesen unmöglich scheint. Dass dieses System so geschlossen ist wie das Café (oder Westberlin), mag arg selbstgenügsam, gar ignorant anmuten – aber wären die Figuren nicht so prallvoll mit sich selbst, es wäre nur der halbe Spaß.