Musikalische Höhen, private Tiefen: das Leben der Sängerin Dalida erzählt ein Film von Lisa Azuelos.

Ganz so populär wie vor 40 oder gar 50 Jahren sind die Chansons von Dalida mittlerweile nicht mehr. Die Zeit bleibt nun einmal nicht stehen. Die Trends und die Vorlieben ändern sich fortwährend. Das wusste auch die 1933 als Tochter italienischer Auswanderer in Kairo geborene Sängerin. Nicht zufällig hat sie sich im Lauf ihrer gut 30-jährigen Karriere musikalisch mehrmals neu erfunden. Aber auch wenn sie zum Teil ein wenig in Vergessenheit geraten sein sollten, haben Dalidas Interpretationen von Liedern wie „Gigi L’Amoroso“, „Paroles paroles“, „Je suis malade“ und „Bang Bang“ nichts von ihrer Kraft und ihrem Zauber verloren. Sie sind es auch, die Lisa Azuelos’ „Dalida“ aus der Masse der Filmbiografien herausheben.

Von Anfang an erfüllt eine unendliche Verzweiflung Azuelos’ Film. Am 26. Februar 1967 entzieht sich die von Sveva Alviti gespielte Sängerin den Menschen in ihrem Umfeld. Statt nach Italien zu ihrer Familie zu fliegen, checkt sie unter ihrem bürgerlichen Namen Iolanda Gigliotti in einem Pariser Hotel ein und nimmt dort eine Überdosis Schlaftabletten. Der Selbstmordversuch, ihr erster, scheitert. Sie wird gerade noch rechtzeitig gefunden und wacht nach fünf Tagen aus dem Koma auf. Fortan springt Lisa Azuelos zwischen den Zeiten hin und her. Rückblenden in Iolandas Kindheit und in die Zeit ihrer ersten Erfolge im Paris der 1950er- und frühen 60er-Jahre wechseln sich mit Episoden aus ihrem oft glücklosen Privatleben ab.

Das Tempo der sprunghaften, von Auslassungen und Zuspitzungen geprägten Erzählung ist fast schon halsbrecherisch. Gelegentlich braucht es etwas Zeit, bis man sich wieder orientiert hat, zumal Lisa Azuelos die Chansons als eine Art erzählerische Abkürzung versteht. Oft sind es die in Dalidas Originalversionen erklingenden Lieder, die Entscheidungen erklären und Gefühle ausdrücken sollen. Als sich Dalida trotz ihrer stürmischen Gefühle von einem deutlich jüngeren Mann trennt, spielt Azuelos auf dem Soundtrack „Il venait d’avoir 18 ans“. Das Lied, das auch in seiner deutschen Version „Er war gerade 18 Jahr“ ein Erfolg war, spiegelt zwar auf kongeniale Weise die Konflikte der Sängerin.

Kunst als Spiegel des Lebens

Doch reduziert die Filmemacherin Dalidas Chansons so auf eine simple psychologische Perspektive, die alles aus der Biografie der Sängerin erklären will, und nimmt ihnen damit etwas von ihrer künstlerischen wie emotionalen Tiefe. Zugleich degradiert sie aber auch die Filmbilder selbst zu reinen Illustrationen. Statt Szenen zu erzählen und komplexe Situationen zu erschaffen, inszeniert Azuelos eine Reihe von Videoclips, deren Summe dann Dalidas Leben sein soll. Diese Idee hat natürlich etwas Reizvolles. Die Kunst wird zum Spiegel des Lebens. Nur ist es nicht so einfach, und genau davon zeugt Dalidas mitreißender Gesang, der nie nur eine Emotion zum Ausdruck bringt.