Essen. . Ein großer Cartoonist wird 85: Mordillo malt noch immer Knubbelmenschlein. Bald kommt er nach Oberhausen, persönlich und mit einer Ausstellung.

Er hat die Nase nicht erfunden, aber er hat sie groß gemacht. Größer gar als die Köpfe seiner bleichen Knubbelmännchen, die man sofort vor Augen hat, wenn man seinen Namen hört: Mordillo. Am 4. August wird der Cartoonist, der in den 70er- und 80er-Jahren als der weltweit meistgedruckte galt, 85 Jahre alt. Und man möchte ihm am liebsten ganz still und elegant mit einem seiner eigenen, kugelbäuchigen Männlein gratulieren, das ihm wahlweise ein Blümchen reicht – oder ein Glas Champagner.

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Der Siegeszug der Knollennase, ohne die nach dem Zweiten Weltkrieg in Europa kaum eine humoristische Zeichnung ausgekommen ist, wäre gewiss ein dankbares Forschungsobjekt für Kunsthistoriker, aber noch fehlen eindeutige Erklärungsmuster. Gewiss ist hingegen, dass sie massenhaft zum Einsatz kam: bei Loriot, Asterix & Obelix, Walter Moers, Ralf König... Nur: Bei Mordillo waren die Nasen stets am größten. Er lieferte selbst eine persönliche Erweckungsgeschichte. Der Moment kam im Disney-Film „Schneewittchen und die sieben Zwerge“, als die Zwerge einer nach dem anderen mit Blick aufs schlafende Schneewittchen ihre Nasen über die Bettkante schoben.

Humor als Zärtlichkeit der Angst

Mordillo ist ein sanfter Cartoonist, der auch in absurden und bedrohlichen Situationen immer noch einen Funken Hoffnung findet. „Humor ist die Zärtlichkeit der Angst“, hat er in vielen Interviews als Leitsatz wiederholt. Seine Knubbelmännlein spielen Golf auf Hochhausdächern, Fußball auf Winz-Inseln mit Steilküsten, sie senden einander überdimensionierte Herzchen – und selbst, wenn Mordillo politisch-kritisch der Freiheitsstatue die Streifen einer Gefängnisuniform anlegt, wird sein Biss nicht verletzend.

Ein weltweiter Erfolg: Mordillos Knollennasen-Männchen.
Ein weltweiter Erfolg: Mordillos Knollennasen-Männchen. © dpa Picture-Alliance /United Archives

Viele denken, Mordillo sei ein Künstlername. Doch er heißt tatsächlich Guillermo Mordillo. Obwohl seine Zeichnungen von Europa aus weltbekannt wurden, ist er gebürtiger Argentinier. Am 4. August 1932 in Buenos Aires geboren, führte sein Weg als Zeichner und Illustrator über Lima und New York nach Paris. Dort, immerhin schon mit Mitte 30, veröffentlichte er 1966 seinen ersten Cartoon. Und es dauerte nicht lange, da druckten Zeitschriften wie „Paris Match“, „Lui“ und in Deutschland der „Stern“ seine Cartoons. Seine Zeichnungen sammelten sich in Bestsellern wie „Crazy Cowboy“ und „Crazy Crazy“.

Ein Meister des Merchandising

Und doch blieben Heft- und Büchlein nicht die einzigen Erfolgsprodukte. Die Zeichnungen landeten auf Kalendern, Puzzles, Kaffeebechern, sie wurden zu Püppchen und Stofftieren – ein Meister des Merchandising. Bis hin zu den Trickfilmen, die auf den Bildschirmen in U-Bahnhöfen gezeigt wurden. Mordillo allüberall! Und bald auch im Kino: Ein 3D-Animationsfilm soll 2019 eine Ära beenden. Denn erstmals erhalten die Mordillo-Menschlein eine Stimme. Bis heute sind sie stumm, wohl weil Mordillo damals, als er in Paris ankam, die fremde Sprache noch nicht ganz beherrschte.

Heute lebt er, nach einer langen Zeit auf Mallorca, in Monaco und denkt nicht ans Aufhören. Der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung sagte er im vergangenen Jahr: „Ich atme meine Cartoons. Sie sind mein Leben, vielleicht ein wenig zu sehr.“