Köln.. Mit „Teatro Delusio“ eröffnete die Familie Flöz das 30. Kölner Sommerfestival


Wenn Sebastian Kautz, Dana Schmidt und Daniel Matheus nach gut 80 Minuten einen Riesenapplaus entgegennehmen, dann mit dem Rücken zum Publikum. Was im Stück „Teatro Delusio“ aber logisch ist. Denn es spielt hinter den Kulissen. Dort, wo die Bühnenarbeiter Bernd (Kautz), Bob (Schmidt) und Ivan (Matheus) das, was vorne passiert, immer nur hören: eine Arie, ein Duell, einen Pas de deux.

Die drei, die im Hintergrund im Mittelpunkt stehen, könnten un­terschiedlicher nicht sein. Der baumlange Bernd, der ein Sensibelchen ist, am liebsten liest und träumt und Panikattacken bekommt, wenn er eine Leiter hochklettern soll. Der Angeber Bob, der mit seinen Werkzeugen hantiert, als wären es Waffen, und Bernd schikaniert, wo immer sich dazu die Gelegenheit bietet. Ivan, der gern isst und trinkt, der Fußballspiele und die Operndiva liebt, ist eigentlich ein Gemütlicher. Trotzdem muss er den Chef rauskehren. Und stellt irgendwann fest, dass er einen nicht zu unterschätzenden Rivalen um die Gunst der Diva hat.

Ausdruckstärke ohne Worte

Mit der preisgekrönten Produktion des Berliner Künstlerkollektivs Familie Flöz, das seine Wurzeln an der Essener Folkwang-Hochschule hat und bis 2001 im Revier zu Hause war, ist am Samstag das 30. Kölner Sommerfestival in der Philharmonie eröffnet worden. Eine grandiose Mischung aus Figurentheater, Schauspielkunst, Clownerie und Artistik! „Teatro Delusio“ braucht keine Worte. Stattdessen verlassen sich die brillanten Akteure auf die Ausdrucksstärke ihrer Körper, auf die Magie der Musik und ihre Fähigkeit, in Sekundenschnelle Rollen, Masken und Kostüme zu wechseln.

Es wird gesungen, getanzt, geliebt und gelitten, gehämmert und getackert

Zusammen bringen sie es auf 29 Figuren. An denen, in einem Theater, ja auch kein Mangel herrscht. Bühnenarbeiter, Sänger und Schauspieler, das Orchester nebst Dirigent, die Tänzer, die Garderobiere, die Putzfrau, den Impresario... Jede einzelne der großnasigen Masken steht für einen kompletten Charakter. Wie den blasierten, schon etwas in die Jahre gekommenen Solotänzer des Balletts oder die erfolgsverwöhnte Operndiva mit den lackschwarzen Haaren, deren Züge an die Callas erinnern. Auch einen Theatergeist gibt es und einen Waschbär, der in einem Theaterkoffer wohnt. Letztere sind Puppen, mitunter von sechs Händen gleichzeitig gespielt.

Im „Teatro Delusio“ wird gesungen, getanzt, geliebt und gelitten, gehämmert und getackert. Es werden Leitungen verlegt und Kulissen verschoben, Stars werden geboren und Karrieren geknickt. Durch den ver-rückten Blickwinkel gewinnt das einen eigenen Zauber. Man bangt mit denen hinter der Bühne – und fiebert nicht wie gewohnt mit denen davor.