ESSEN. . Neues Album, freudesprühender Titel: Der Platte „Lust For Life“ von Pop-Diva Lana del Rey merkt man die Stimmungsaufheller an – ein wenig.

„Habe ich damals Popmusik gehört, weil ich mies drauf war? Oder war ich damals mies drauf, weil ich Popmusik gehört habe?“ Dieses Zitat stammt zwar nicht von Lana del Rey, sondern von Nick Hornby. Aber es ist eine große Frage, die man sich angesichts der Songs von Lana del Rey immer stellen kann, selbst beim neuen Album, das den freudesprühenden Titel „Lust For Life“ trägt.

Lana del Rey zelebriert ja eine ganz spezielle Art von „Miesdraufsein“, eben jene Melancholie, die einen erfasst, wenn man mitten im kalifornischen „Dolce Vita“ lebt, eigentlich alles hat, aber trotzdem irgendwie unglücklich ist – und das vielleicht sogar genießt. Dass die Musik der amerikanischen Popdiva eine Kur mit dem Stimmungsaufheller erfahren hat, führt nun immer noch nicht dazu, dass man zu ihren Liedern lebenslustig herumhüpfen möchte. Aber es zeigt, dass sie durchaus in der Lage ist, Nuancen zu verändern.

Gesangliche Unterstützung von The Weeknd

Gerade beim Titelstück, bei dem sie den R & B-Star The Weeknd zur gesanglichen Unterstützung hinzuholt, ruft sie dazu auf, alle Klamotten ausziehen und auf dem Hollywood-Schriftzug zu tanzen – ein geradezu verrückt-glücklicher Ausdruck von Lebensfreude, der aber bei del Rey immer in Pastelltöne getaucht zu sein scheint.

Bis auf diese leichte Aufhellung bringt „Lust For Life“ zwar viele wunderhübsche Melodien mit vielen Gastsängern, aber unterm Strich eben mehr von dem, was man von der Sängerin schon kennt. Sie pflegt ihr Markenzeichen, die Stimme. Und die hat es, bei allem Misstrauen, das man bei ihrem exakt konzipierten Durchbruch vor fünf Jahren mit „Video Games“ noch hatte, in sich. Denn del Rey beherrscht es wie derzeit keine andere Sängerin im Popgeschäft, Sinnlichkeit und Verruchtheit zu zeigen, ohne dabei vulgär oder aggressiv zu wirken. 16 Songs hat sie auf „Lust For Life“ gepackt und mit 77 Minuten fast die volle Länge einer CD ausgereizt.

Sonnenuntergangs-Stimmung

Songs mit Gastauftritten wie dem der Fleetwood-Mac-Sängerin Stevie Nicks (die Piano-Ballade „Beautiful People Beautiful Problems“) oder Sean Lennon (im Akustikgitarren-Song „Tomorrow Never Came“) stehen den Solo-Songs in nichts nach. Und wer nach Songs wie „Coachella – Woodstock On My Mind“ oder „When The World Was At War We Kept Dancing“ nicht von Sommerzeit-Traurigkeit übermannt wird, den kann nichts mehr rühren.

Das hohe Niveau bleibt, selbst der Rauswerfer „Get Free“ ist mit seiner Sonnenuntergangs-Stimmung noch eine nostalgische 60s-Hymne, die im Ohr bleibt und mit dem Zitat „out of the blue, into the black“ auch noch Neil Young heranzieht. Wer sich also von Popmusik in sonnige Melancholie versetzen lassen will, kommt an „Lust For Life“ kaum vorbei.

Lana del Rey: Lust For Life (Vertigo/Universal). Ab 21.7. erhältlich.