Krakau/Ulm/Bernau. . Unesco ehrt die Höhlen der ältesten Eiszeitkunst auf der Schwäbischen Alb. Neue Chance für Naumburger Dom

Die Entscheidung des in Krakau tagenden Unesco-Komitees war schnell gefällt: Nach knapp 15-minütiger Beratung nahm es die Höhlen der ältesten Eiszeitkunst auf der Schwäbischen Alb in die begehrte Welterbe-Liste auf. Die sechs Höhlen in Baden-Württemberg gelten als eines der wichtigsten Ausgrabungsgebiete für Archäologen - sie bergen einige der ältesten Kunstwerke der Menschheit: Aus Stoßzähnen gefertigte Miniaturen von Wildpferden, Mammuts, Löwen, Bären und Vögeln sowie Flöten aus Vogelknochen. Zeugnisse einer besonders wichtige Phase der Menschheitsentwicklung, wie Experten betonen. Darüber waren sich auch die Welterbe-Experten einig: Einwände gegen die Nominierung gab es keine, stattdessen wurde den deutschen Unesco-Delegierten überschwänglich gratuliert.

Jubel herrschte nicht nur in Polen. „Die Auszeichnung ist eine große Ehre“, freute sich auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) über den Titel. „Die einzigartigen Fundstätten auf der Schwäbischen Alb zeigen, dass die Wiege der Kunst und der Musik im Ach- und Lonetal zu finden ist“, fügte er hinzu. Der Unesco-Titel verpflichte Baden-Württemberg nun, dieses kulturelle Erbe zu erhalten.

Wer die Höhlen besucht, begibt sich auf eine Tour zurück in eine Zeit, da der anatomisch moderne Mensch, der „Homo sapiens sapiens“, den Neandertaler abgelöst hatte und sich aufmachte, Kunstwerke, Schmuck sowie Musikinstrumente zu schaffen. Seit sich Forscher Mitte des 19. Jahrhunderts in der Alb ans Graben machten, förderten sie etliche Zeugnisse eines menschlichen Wirkens zu Tage, das vor rund 40 000 Jahren erstmals klar über Verrichtungen zur Lebens- und Arterhaltung hinausging: Instrumente und Statuen, darunter auch der 31 Zentimeter große „Löwenmensch“ - ein Mischwesen zwischen einem aufrecht stehenden Menschen und einem Löwen der davon zeugt, dass sich bereits Eiszeitmenschen mit mythischen Glaubensvorstellungen beschäftigten.

In den Eiszeithöhlen fanden Forscher auch die als älteste Frauenfigur geltende „Venus vom Hohle Fels“ - die rund 40 000 Jahre alte Dame mit den enormen Brüsten wurde 2008 bei Grabungen in der Hohlefels-Höhle entdeckt.

2016 erklärte die Unesco die Le-Corbusier-Häuser in der Stuttgarter Weissenhofsiedlung zum Welterbe, die Höhlen der ältesten Eiszeitkunst sind nun für Deutschland der 42. Titel. Der Traum eines raschen nächstenTitels platzte am späten Sonntagnachmittag: Naumburg war mit einem Antrag zu seiner Kathedrale und der hochmittelalterlichen Kulturlandschaft an Saale und Unstrut zum zweiten Mal im Rennen. Doch wie schon bei der ersten Bewerbung, die das Unesco-Komitee 2015 als zu lang und zu wissenschaftlich befunden und zurückgegeben hatte, wurde der Antrag nun erneut zur Überarbeitung zurückgewiesen. Der Zeitrahmen beträgt drei Jahre.

Mit Spannung wurde außerdem die Entscheidung zur Erweiterung der Welterbestätte Bauhaus erwartet. Die Laubenganghäuser in Dessau-Roßlau und die Bundesschule des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes ADGB in Bernau bei Berlin hofften in die Stätte mitaufgenommen zu werden. Bisher gehören in Weimar die ehemalige Kunstschule, die ehemalige Kunstgewerbeschule und das Haus am Horn dazu. In Dessau sind es das Bauhausgebäude und die Meisterhäuser. (dpa)