Essen. . Kunstnebel, ausladend-schillernde Roben und Lichteffekte werden in der Philharmonie zur Nebensache. Die Mezzosopranistin nimmt sie im Sturm

Das Revier im Belcanto-Fieber: Joyce DiDonato und am nächsten Wochenende Diana Damrau in Essen, die Eröffnung des Festivals „Klangvokal“ mit Rossinis Oper „Le Comte Ory“ in Dortmund. Vor der Sommerpause setzen die Häuser auf ein Feuerwerk der Koloraturen.

Bereits zum dritten Mal seit der Verleihung des „Echo Klassik“ 2010 eroberte Mezzosopranistin Joyce DiDonato das Publikum in Essens Philharmonie. Wie im Sturm, möchte man sagen, denn die Amerikanerin setzte bei der Präsentation ihrer jüngsten CD „In War and Peace“ nicht nur auf den musikalischen Gehalt der barocken Affekte von Monteverdi, Purcell oder Händel.

Von Kunstnebel umwölkt inszenierte der weltweit gefragte Opernstar in ausladend-schillernden Roben der Modedesignerin Vivienne Westwood umgeben von flirrenden Lichteffekten und einem Tänzer die Seelenzustände der klassischen Heldinnen von Kleopatra, Dido, Agrippina oder Susanna. Beim exquisiten Klang des Orchesters unter dem umsichtigen Maxim Emelynychev, den vor allem in der Schlussarie der Kleopatra „Da tempeste il legno infranto“ aus Händels „Julius Cäsar“ fast überbordenden Verzierungen bei makelloser Stimmführung wurden die visuellen Effekte zum Nebenschauplatz.

Bei DiDonato macht selbst das Leiden süchtig. Selten erlebt man Händels Dauerbrenner „Lascia ch’io pianga“ so ebenmäßig, leicht rau, doch biegsam und voll dunkler Farbigkeit. Über allem schwebt eine unverstellte Natürlichkeit, mit der sie ihre Kunst vorstellt.

So wirkt auch ihre kurze Schlussrede nicht deplatziert, als sie sich über den Zustand der Welt, deren Unsicherheit und manche Unwägbarkeit äußert. Am Ende singt sie Richard Strauss: „Und morgen wird die Sonne wieder scheinen“, begleitet auf alten Instrumenten. Joyce DiDonato macht das einfach – und überzeugt.