Essen. . Vom Charme des ersten Teils ist in der fünften Auflage von “Fluch der Karibik“ nur wenig übrig. Trickeffekte erscheinen wichtiger als die Story.

Es gab eine Zeit, da war jeder zweite Mann im Kölner Karneval Pirat. Dieser Beweis für die Strahlkraft des Kinos auf das Alltagsleben hat allerdings auch schon über ein Jahrzehnt auf dem Buckel. „Fluch der Karibik“ hatte es geschafft, den Appetit des Publikums auf altmodischen Kintopp in spektakulärer Bebilderung auf den Punkt zu stillen. Weil damit sehr viel Geld verdient wurde, folgten bis 2007 zwei weitere Karibik-Filme, angeblich war ja sowieso alles als Trilogie geplant gewesen; die drei Filme boten nacheinander immer mehr Trickeffekte und immer weniger Sinnhaftigkeit.

Fünfter Teil wiederholt Vorgänger-Filme

Aber irgendwie waren alle zufrieden und damit hätte es gut sein können. In Hollywood sah man das Ende des Fahnenmastes jedoch noch lange nicht erreicht und so kam es 2011 zu einem neuen Karibik-Film, dem zwei weitere folgen sollten. Der erste davon ist jetzt da – und er wiederholt alles das, was einem seit dem dritten Film zusehends auf den Wecker fiel.

Piratenkapitän Jack Sparrow hat sich einen großen Coup überlegt. Nicht eine Bankfiliale lässt er ausrauben, sondern gleich die ganze Bank. Als er aber er nach einer spektakulären Hatz alle Verfolger abgeschüttelt hat, ist er auch sämtliches Gold und Geld aus dem Tresor wieder los. Die Mannschaft sucht darauf das Weite und Sparrow, nun völlig auf den Hund gekommen, versetzt als letztes wertvolles Gut für eine Flasche Rum seinen Kompass.

Jack Sparrow will nur seine Ruhe haben

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Damit befreit er ungewollt seinen Erzfeind, den Piratenjäger Salazar, aus den Fängen des mystischen Dreiecks und lässt ein Schiff voller Untoter auf die Welt los. Für den Kompass interessieren sich aber auch die Wissenschaftlerin Carina Smyth (Kaya Scodelario, aufstrebender Schauspielnachwuchs aus England) und der junge Draufgänger Henry Turner (Brenton Thwaites), der seinen Vater Will von einem Fluch erlösen möchte. Jack Sparrow hätte in dieser Gemengelage am liebsten einfach nur seine Ruhe, aber davon ist ihm am allerwenigsten vergönnt.

Manches Denkwürdige bietet dieser fünfte Karibik-Film. Johnny Depp ist 14 Jahre nach seinem ersten Auftritt als Jack Sparrow um keinen Tag gealtert, Orlando Bloom und Keira Knightley sind es hingegen sehr. Es gibt großes Actionklimbim, wenn etwa Sparrow vor seiner Hinrichtung zu fliehen versucht, aber noch an die Guillotine gefesselt ist. Und Javier Bardem ist ein erbarmungsloser Salazar mit extrem fiesem Zahnfleisch. Statt Stürmen oder Strudel wird diesmal eine Rinne ins Meer gezaubert. Gaststar aus der Rockgeschichte ist nach Keith Richards nun Paul McCartney.

Kaspereien fangen Gewalt und Ekel nicht auf

Großproduzent Jerry Bruckheimer hat wieder viel Geld für noch mehr Trickspektakel locker gemacht, damit die Erfolgsreihe des Disney-Studios nicht vorschnell in der Gunst der Zuschauer absäuft. Es ist aber zu befürchten, dass es genau so kommen wird, denn vom rau-herzlichen Charme und der Vitalität des Ur-Films ist kaum etwas übrig geblieben. Es hagelt Trickeffekte, es gibt eine unerquickliche Tendenz zu Gewalt und Ekel, die durch Johnny Depps Kaspereien nur bedingt noch aufgefangen werden können.

Es ist ein seelenloses Bruckheimer-Produkt, obwohl doch mit den Norwegern Joachim Ronning und Espen Sandberg („Max Manus“, „Kon Tiki“) zwei versierte Leute am Ruder waren. Eine Story, die diesen Namen verdient hätte, oder gar eine künstlerische Handschrift sind nicht wichtig bei dieser Art von durchkalkuliertem Kirmeskino. Was für einen Moment wirklich zu denken geben sollte: Piraten gab es zuletzt kaum noch im Karneval.