Frankfurt/M. . Es ist nicht ganz frei von Komik, wenn gestandene Künstlerpersönlichkeiten wie Candida Höfer sich auch im achten Lebensjahrzehnt gelegentlich noch als „Schüler“ titulieren lassen müssen. Oder wenn ein lebendes Markenzeichen wie der Sammler-Liebling Andreas Gursky trotz einer einprägsamen künstlerischen Handschrift immer noch mit dem Namen seiner einstigen Lehrer „geadelt“ werden soll. Aber wenn man jene Fotografen, die Ende der 70er-, Anfang der 80er-Jahre an der Düsseldorfer Kunstakademie ihr Studium aufnahmen, bis auf den heutigen Tag als „Becher-Klasse“ bezeichnet, schwingt darin eben auch die Hochachtung vor Künstlern mit, die im einer eigenen Liga spielen, eine Klasse für sich darstellen.

Es ist nicht ganz frei von Komik, wenn gestandene Künstlerpersönlichkeiten wie Candida Höfer sich auch im achten Lebensjahrzehnt gelegentlich noch als „Schüler“ titulieren lassen müssen. Oder wenn ein lebendes Markenzeichen wie der Sammler-Liebling Andreas Gursky trotz einer einprägsamen künstlerischen Handschrift immer noch mit dem Namen seiner einstigen Lehrer „geadelt“ werden soll. Aber wenn man jene Fotografen, die Ende der 70er-, Anfang der 80er-Jahre an der Düsseldorfer Kunstakademie ihr Studium aufnahmen, bis auf den heutigen Tag als „Becher-Klasse“ bezeichnet, schwingt darin eben auch die Hochachtung vor Künstlern mit, die im einer eigenen Liga spielen, eine Klasse für sich darstellen.

Das eigentlich Revolutionäre der weltweit anerkannten „Düsseldorfer Photoschule“ liegt wohl darin, dass sie die Fotografie in den Rang eines fraglos anerkannten Kunst-Genres erhoben haben. Wobei auch der technische Fortschritt mit der plötzlichen Möglichkeit, Foto-Abzüge in Mammut-Formaten zu bezahlbaren Preisen herzustellen, ebenso eine Rolle gespielt hat wie eine neue Schicht von Sammlern.

Diese Kunst-Karriere begann damit, dass Bernd und Hilla Becher, die sich seit den 60er-Jahren einen Namen mit der fotografischen Rettung von abrissreifen Industriebauten an Kohle- und Stahl-Standorten von Pennsylvania bis Bochum-Hordel gemacht hatten, 1976 als erste Lehrer für Fotografie an die Jahrhunderte alte Düsseldorfer Kunstakademie berufen wurden.

Und genau deshalb trägt eine über 200 Fotos starke Ausstellung über „die Becher-Klasse“ im Frankfurter Städel nun den Titel „Fotografien werden Bilder“. Sie widmet sich neun Fotografinnen und Fotografen, die als erste zum Studium bei Bernd und Hilla Becher zugelassen wurden, bekannteren wie Gursky, Struth und Ruff, aber auch weniger bekannten wie Volker Döhne oder der in Gelsenkirchen geborenen Petra Wunderlich, die dem Becher-Stil mit ihren Nah-Aufnahmen von Kirchen und Steinbrüchen vielleicht am nächsten blieb.

Bei allen anderen wird dank der klug und pointiert ausgewählten Bilder in Frankfurt sonnenklar, wie intensiv die damaligen Studenten die Prinzipien der Bechers inhaliert hatten: Lauter Frontal-Aufnahmen, selbstverständlich alle schwarz-weiß, lakonisch, fast immer menschenleer und stets auf Serien angelegt (schon weil der Film ja immer mehrere Abzüge hatte), weil es um Typologien ging, um Variationen von ein und demselben Typus, wie schon bei den sieger- und sauerländischen Fachwerkhäusern der Bechers.

Doch dann emanzipieren sich die Schüler mehr und mehr, Volker Döhne etwa wagt sich frech an knallige Farben, und stellt im Einheitsstraßengrau die typischen Autos der 70er in Gelb-Rot-Gelb- oder Türkis-Gelb-Rot-Kombinationen zusammen, ohne das mit den Lehrern abzustimmen, weil für sie das Gespräch ohnehin beendet war, sobald man auf Farbe kam. Thomas Ruff begann in den 80ern seine heute legendäre Porträt-Serie mit Bildern von Freunden und Akademie-Studenten, die in ihrer Neutralität und Aussage-Verweigerung der Idee von einem Porträt radikal widersprachen. Zwei fantastische Schaukästen demonstrieren in der Ausstellung, wie intensiv sich Ruff mit Parallelen und Spiegelungen in der Architektur auseinandersetzte. Bei Gursky taucht das Thema gar bei Pförtnern und Passkontrolleuren auf, die nebeneinandersitzen.

Und der Himmel bleibt leer

Ruff, Jörg Sasse und Andreas Gursky sollten schließlich sogar zu Bild-Malern mit Pixeln werden. Sasse bearbeitete Amateur-Fotos, Ruff im Internet gefundene Porno-Bilder und Andreas Gursky fügte hemmungslos die eigenen, aus diversen Perspektiven entstandenen Aufnahmen zu seinen gigantischen Groß-Kompositionen zusammen, die wie Monumentalgemälde der Realität daherkommen, aber dem wissenden Auge vor allem etwas von der Manipulierbarkeit unseres Sehens erzählen – und uns ahnen lassen, dass die sogenannte Wirklichkeit nur eine von unendlich vielen, ebenfalls möglichen Konstruktionen ist.

Axel Hütte schließlich bewegt sich von seinen streng grafischen Architekturfotografie weg und bringt aus den entlegensten Gegenden des Globus Bilder mit, die auf eine seltsam unterkühlte Art die Großartigkeit der Natur feiern, ebenso menschenleer wie die Fördertürme und Hochöfen der Bechers oder die Bibliotheken von Candida Höfer. Im Gegensatz dazu setzt Thomas Struth wiederum in fast schon reportagenartiger Manier in seiner fast schon klassischen Museums-Serie aus dem Louvre, dem Prado und anderen Häusern von Weltrang Menschen und Kunst in ein vielschichtiges, vielsagendes Verhältnis.

Eines aber haben die Bilder dieser Fotografen mit den Fotos ihrer Lehrer gemeinsam: Wann immer auf ihnen ein Himmel zu sehen ist, ist er kein Himmel. Er ist ein Nichts aus Weiß und Grau, er enthält sich jeden Kommentars und zeugt nicht nur von handwerklichem Können, sondern auch von einer unendlichen Geduld beim Warten auf die optimalen Bedingungen.