. Ein stiller Pultstar macht am 13. Mai Halt in Essen. Wir verlosen Karten für das Konzert mit dem überzeugten Europäer. Ein Interview.

  • Stardirigent Antonio Pappano kommt mit dem Orchestra dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia aus Rom nach Essen
  • Im Interview mit unserer Zeitung spricht er über Erfolgsgeheimnisse, Europakrisen – und seine „Chefin“, die Queen
  • Der überzeugte Europäer hofft, dass die aktuelle Krise vorübergeht: „Ich hoffe, es ist eine Periode. Wir müssen da durchkommen.“

Antonio Pappano ist ein stiller Star der großen Dirigenten: extrem vielseitig, offen, in freundschaftlichem Kontakt zu den Orchestern der Welt. Nun kommt er mit „seinem“ Orchestra dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia aus Rom nach Essen. Lars von der Gönna sprach mit dem geadelten „Sir“ über Erfolgsgeheimnisse, Europakrisen – und seine „Chefin“, die Queen.

Sie haben aus einem guten Klangkörper wieder ein Top-Orchester gemacht. Als wen oder was sehen Sie sich bei der „Santa Cecilia“?

Unsere Beziehung ist sehr stark, wir haben die gleichen Wurzeln, meine Eltern sind ja beide Italiener. Andererseits habe ich Erfahrungen importiert, aus Deutschland, England, Skandinavien. Ich kann dem Orchester etwas mitbringen.

Antonio Pappano spielt mit einem der besten Orchester Italiens in Essens Philharmonie

Wenn Sie jemandem, der das Orchester noch nicht live gehört hat, sagen sollten, wie es klingt...

...dann würde ich zum Beispiel von den Streichern schwärmen. Ihr Klang ist vielleicht geschmeidiger, gesangsvoller als das mancher anderer Orchester. Dahinter steht eine Tradition des Singens. Wunderbare Bläsersolisten haben wir. Italienische Musiker haben eine sprudelnde Musikalität, einen starken Sinn für Leichtigkeit, für Humor. Ich denke da oft an Champagner. Natürlich haben Italiener nicht diese große sinfonische Tradition wie etwa deutsche Orchester – wir sind eben ein Zuhause der Oper. Aber genau das ist eine Herausforderung: Wir spielen Sinfonien fast wie etwas Neues.

Sie haben in Bayreuth dirigiert, in London, Salzburg, Berlin. Haben Sie immer den gleichen Schlüssel, um mit einem Orchester zum Ziel zu kommen?

Tja, ich bin immer, wer ich bin. Aber als Musiker reagiere ich auf den Klang, der kommt. Daraus kann ich etwas formen. Ein großes Orchester verdient einerseits, dass ich mehr mitbringe als einen deutlichen Takt. Andererseits muss ich respektieren, was schon da ist.

Den Dirigenten begeistert die „emotionale Intelligenz“ der großen Orchester

Was zum Beispiel?

Ich höre nicht auf, die emotionale Intelligenz von Orchestern zu bewundern. Unglaublich! Welches Gespür sie haben, wie eine Phrase, ein Melodie gespielt werden muss. Das ist ein Verständnis für Psychologie, für die Story, die unter den Noten liegt – mich kann das auch nach vielen Jahren sehr begeistern. Und ich versuche genau dafür Impulse mitzubringen. Aber ich lasse mich auch sehr gern von einem Orchester überraschen.

Sie sind Opernchef in London, Musikdirektor in Rom, waren in Frankfurt, in Brüssel: ein Europäer durch und durch. Wie erleben Sie eine Welt, in der Nationalismus wieder aufsteigt, es einen Brexit gibt, man wieder nach mehr Grenzen ruft?

Natürlich bin ich irritiert. Gerade mein Beruf, Musik, hat eine Universalität, kennt keine Grenzen. Und Musik appelliert an Menschlichkeit, an das Beste in uns allen. Beethoven ist ein Symbol dafür. Aber im Moment tun wir, als hätten wir aus der Geschichte nichts gelernt. Das verstehe ich nicht.

Die Queen machte Antonio Pappano zum „Sir“ – in die Oper von Covent Garden geht sie nicht

Manche sagen: „Wir sind verdammt, die Fehler wieder zu machen.“ Das ist sehr pessimistisch. Mit meinem Musikern arbeite ich für eine andere Welt: Poesie, Schönheit, große Gefühle. Wir dürfen uns davon nicht abbringen lassen. Ich hoffe, es ist eine Periode. Wir müssen da durchkommen.

Die Queen hat Sie geadelt, „Sir“ Antonio. Wie geht es Ihnen damit?

Es ist eine Verantwortung. Ich denke nicht oft daran, aber es ist da – ich habe es als Zeichen für meine Musiker am Opernhaus von Covent Garden verstanden.

Covent Garden ist Londons königliches Opernhaus, sitzen die Royals gelegentlich im Parkett?

Die Königin nicht, Oper ist nicht ihre „cup of tea“ („es ist nicht so ihres“). Aber Prince Charles schätzt Oper, er kommt nicht oft, aber er kommt. Die Beziehung ist sehr gut.

Man hört, wenn Sie nicht gerade proben, lieben Sie geradezu das Gegenteil von Klang und Musik: Tage in gänzlicher Stille.

Ja, stimmt, wenn ich an diesen freien Tagen nicht gerade Kulturredakteuren Interviews gebe (lacht herzlich).

-----------------------------------

Philharmonie Essen, 13. Mai, 19.30h, mit Werken von Rossini, Respighi und Tschaikowskis berühmtem Klavierkonzert mit Yuja Wang als Solistin. Karten (15-105€): 0201-8122200.

Wir verlosen 2 x 2 Karten. Mitmachen kann man bis 1. Mai unter 01378 / 78 76 18 (0,50€/Anruf aus dem dt. Festnetz, Mobilfunktarif höher)