. Einst ein respektierter Historiker, heute ein Außenseiter, der in Florida NS-Devotionalien verkauft. Jetzt blickt „Verleugnung“ auf David Irving.
- Diese Woche neu im Kino: „Verleugnung“. Der Film erzählt von den juristischen Folgen der Leugnung der Nazi-Verbrechen
- Im Mittelpunkt steht der britische Historiker David Irving. Sein Relativieren des Holocaust war Gegenstand der Justiz
- Der Film lebt von einem starken Drehbuch, guten Dialogen und ausgezeichneten Darstellern. Irving spieltTimothy Spall
Die Briten haben viele Besonderheiten, gerade auch in ihrem Rechtswesen. Bei Verleumdungsklagen beispielsweise gibt es diese verwunderliche Besonderheit, dass die komplette Beweislast beim Angeklagten liegt. Für die amerikanische Historikerin Deborah Lipstadt hieß das im Jahr 2000, dass sie praktisch genötigt war zu beweisen, dass der Holocaust tatsächlich stattgefunden hat.
Die Klage hatte der britische Autor David Irving eingereicht, der sich durch Passagen in Lipstadts Buch „Betrifft: Leugnen des Holocaust“ persönlich diffamiert fühlte. Irving, bis in die 80-er Jahre hinein noch selbst ein Historiker mit Reputation, war zu diesem Zeitpunkt in seinen Publikationen längst zu einem berüchtigten Nazi-Sympathisanten geworden.
David Irving – berühmt-berüchtigt als Holocaust-Leugner
Mick Jacksons Film „Verleugnung“ bezieht seine Spannung aus dieser abstrus anmutenden Wahrheitssuche. Die perplexe Lipstadt (Rachel Weisz) engagiert mit Richard Rampton (Tom Wilkinson) und Anthony Julius (Andrew Scott) zwei der angesehensten Anwälte Londons, die ihr den Ernst der Lage erklären. Entweder man beschafft sichere Beweise für Hitlers Massenmord an den Juden, oder man werde den Holocaust künftig als Ansichtssache betrachten. Pragmatisch geht man ans Werk, wühlt sich nicht nur durch einschlägige Werke zum Thema, sondern reist auch nach Auschwitz. Nicht nur, um das Bild dieses Ortes in sich einbrennen zu lassen, sondern auch, um Abmessungen vorzunehmen, Fotos zu schießen. Irving (Timothy Spall), der sein Anliegen vor Gericht selbst vorbringen will, bewahrt derweil die Ruhe.
Von Mick Jackson, vor langer Zeit mal bekannt geworden durch „Bodyguard“ (1992) oder den Katastrophenfilm wie „Volcano“ (1997), hätte man einen derart delikaten Film nicht erwartet. Und wahrscheinlich sind es auch die hervorragenden Dialoge des britischen Bühnen- und Drehbuchautors David Hare („Der Vorleser“), die das Gesamtbild letztendlich so positiv erscheinen lassen. Der Zuschauer wird hier auf eine beunruhigende Art und Weise Zeuge, wie vor Gericht ein längst akzeptiertes Menschheitsverbrechen nun anhand der Lage von Luftschächten oder dem Nachweis von Krematorien neu diskutiert wird.
Mick Jackson zeigt in „Verleugnung“ auch eine Skizze des Unverbesserlichen
Die unterdrückte Leidenschaft der Angeklagten, die nicht aussagen soll, wird noch potenziert durch das Verhalten der Juden selbst: Ein Abendessen mit möglichen Geldgebern der jüdischen Gemeinde endet mit dem Vorschlag, sich doch mit Irving zu vergleichen.
Will man Jacksons Film etwas vorwerfen, dann ist es gerade die Skizzierung dieses Unverbesserlichen. Klein und mickrig erscheint er meist, jede Inszenierung als Meinungsrebell bricht da schnell zusammen. Immerhin schafft es der wunderbare Timothy Spall, diesen Irving zumindest noch mit einer gewissen Verlorenheit auszustatten, die schon fast Mitleid erzeugt.