Essen. . Eine Ausstellung im Essener Museum Folkwang zeigt sämtliche Editionen des Malers Gerhard Richter. Möglich macht dies ein Essener Sammler.
Dass das Museum Folkwang einst Startpunkt der musealen Richter-Kariere war, wissen vermutlich nur wenige. 1970 hatte der Künstler in Essen seine erste, zweiwöchige Einzelschau. Zu sehen waren damals 32 Editionen des Kölner Malers. 47 Jahre später schreibt das Folkwang diese Historie nun auf spektakuläre Weise fort. Mit „Gerhard Richter. Die Editionen“ zeigt das Haus erstmals sämtliche Editionen des Malerstars in einer seiner umfangreichsten Einzelausstellungen überhaupt.
Möglich macht diese Superschau die Kooperation mit dem Essener Ausnahme-Sammler, Mediziner und Richter-Kenner Thomas Olbricht. In Berlin betreibt er mit dem „Collectors Room“ sein eigenes Museum. Das gesamte Auflagenwerk des Ausnahmekünstlers Richter nun aber in seiner Heimatstadt Essen zeigen zu können, „das ist bislang mein sammlerisches Lebens-Highlight“, sagt Olbricht, der als einziger weltweit über alle Editionen, Kunstwerke in mehrfacher Auflage, verfügt.
Reflektiert, transformiert und „demokratisiert“
173 davon sind seit Mitte der 1960er-Jahre entstanden, Auflagenwerke in verschieden hoher Zahl, mit denen Richter seine Arbeit immer wieder reflektiert, transformiert und „demokratisiert“ hat und von denen Olbricht mindestens ein, oft auch mehrere Exemplare besitzt. So bietet die Schau, die auch eine Verneigung zum 85. Geburtstag des Malerstars ist, die gute Gelegenheit, sich mit dem „ganzen“ Schaffen dieses Vielseitigkeitskünstlers auseinanderzusetzen, der das Sowohl-als-auch zum Prinzip erhoben hat.
Auch interessant
Abstraktion und Gegenständlichkeit, Malerei und Fotografie, Romantik und penible Berechnung finden auch in den Editionen zu einem Gesamtwerk voller Gegensätze zusammen. Richter beweist sich dabei als Maler und „Bildermacher“, der seit über 50 Jahren mit Experimentierlust gegen die stilistische Festlegung, das Pathos und den Geniekult arbeitet – und zum teuersten Maler seiner Zeit wurde.
Keine Spekulationen über den Wert
Spekulationen über den monetären Wert des einzigartigen Richter-Konvoluts wehrt Sammler Thomas Olbricht ab. „Für mich ist der besondere Wert, alle Werke zusammenzuhaben.“ Seit Anfang der 1990er-Jahre arbeitet der Essener Kunstliebhaber an der Komplettierung. Als passionierter Briefmarkensammler hat er die Leidenschaft, den Ehrgeiz und auch die Akribie mitgebracht, um am Ende erfolgreich zu sein. Mit „Ema“, jenem überirdisch leuchtenden Frauenakt, dessen Original im Museum Ludwig zu sehen ist, hat es angefangen. Das Porträt von Richter-Tochter „Ella“ kam hinzu, die berühmte brennende „Kerze“ und die Collage „Schwarz, Rot Gold“. Nach dem Hund, Richters erste, 1965 entstandene Edition mit dem Bild eines übermalten Schäferhundes, hat Olbricht Jahre gesucht. Zweimal ist ihm ein Exemplar der achtteiligen Auflage begegnet. „Beim ersten Mal schien mir der Preis zu hoch. Beim zweiten Mal wurde es deutlich teurer.“
Der Hund steht nun am Anfang der Ausstellung, die zunächst chronologisch die Richter-Schau von 1970 rekonstruiert, sich dann aber zu einem vielschichtigen Arrangement der Themen und Techniken auffächert, von Siebdruck bis Digitaldruck, Farbtafeln bis Fotografie.
Zwölf Räume, unterschiedliche Sektionen
Zwölf Räume gliedern das Werk in unterschiedliche Sektionen, zeigen die Landschaften, präsentieren die grauen Vermalungen und die flirrenden Farbfelder, darunter die drei Auflagenwerke „Strip“, für die Richter 2013 sein Ölgemälde „Abstraktes Bild“ vom Computer digitalisieren und in mehr als 4000 horizontale Farbstreifen zerlegen ließ.
Und so sind viele Auflagenwerke gar nicht seriell, sondern wiederum Unikate im Kleinen – oder auch im Großen. Der Raum mit den meterhohen, farbigen Wandteppichen ist ein Highlight der Schau, die der Künstler am vergangenen Montag bereits mit höchst-richterlichem Lob abgenommen hat.
Richter-Ausstellung "Die Editionen." im Museum Folkwang