Essen. . Man könnte meinen, dass alles, was Bob Dylan anfasst, zu Gold wird. Beim neuen Dreifach-Album „Triplicate“ reicht es jedoch nur für Bronze.
Nun könnte man angesichts des Nobelpreises in Ehrfurcht erstarren vor all dem, was Bob Dylan musikalisch erreicht hat. Doch nicht alles, was er anfasst, wird zu Gold. Mit „Triplicate“ nimmt er sein erstes Dreifach-Album auf, ausschließlich mit Interpretationen aus dem Great American Songbook. Daran hat er sich 2015 schon mal versucht – und auf „Shadows In The Night“ Songbook-Nummern interpretiert, die zuvor schon Frank Sinatra gesungen hat.
Der treffendste Kritikpunkt damals: Dylan bewundert den großen Crooner, aber er ist selber keiner. Was er hier mit brüchiger Stimme liefert, ist gewiss nicht schlecht, doch lassen sich für jeden einzelnen der Song-Klassiker bessere Interpretationen finden. Zumal Dylan es mit Meilensteinen wie „As Time Goes By“, „Stormy Weather“, „P.S. I Love You“ oder „Sentimental Journey“ aufnimmt.
Zurückhaltend und tiefenentspannt
Dennoch kann man den Songs auf „Triplicate“ etwas abgewinnen. Denn die musikalischen Arrangements sind durchweg zurückhaltend und tiefenentspannt. Und wenn man sich nicht an der an manchen Stellen doch überstrapazierten und deplatzierten Steel-Guitar von Donnie Herron stört, liefert „Triplicate“ eine durchaus charmante, aus der Zeit gefallene Songsammlung. Dylan hat sich selbst beschenkt und seine Interpretationen machen am Great American Songbook nichts kaputt, doch sie bereichern es statt mit Gold höchstens mit einem Hauch von Bronze.
Wer sich direkt davon überzeugen will, dass andere Sängerinnen und Sänger die Songs von „Triplicate“ durchaus genial interpretiert haben, der suche auf Youtube nach der Playlist „Bob Dylan’s Triplicate triplicated“ und schmelze dahin zu den Versionen von Frank Sinatra, Nat King Cole, Ella Fitzgerad, Billie Holiday, Louis Armstrong und, und, und...
Den Nobelpreis abholen
Dass Dylans neues Werk nun also nicht der ganz große Wurf geworden ist, dürfte den Mitgliedern der Nobel-Akademie vermutlich recht egal sein. In Stockholm herrscht Erleichterung darüber, dass Dylan an diesem Wochenende endlich den Literaturnobelpreis entgegennehmen will, mit dem er im Oktober als erster Songschreiber überhaupt geehrt worden war.
Die Feier besuchen nach seinen Wünschen „nur Bob Dylan und Mitglieder der Akademie“, wie Sara Danius, die Chefin der Schwedischen Akademie, in ihrem Blog erklärte. Wann und wo genau die Party steigt, soll geheim bleiben.
Vorlesung als Video nachreichen
Bekannt ist jedoch bereits, dass Dylan am Wochenende nicht die von den Nobel-Regeln geforderte Vorlesung halten will – zumindest nicht vor Publikum. Um den Preis zu behalten, muss er dies jedoch innerhalb von sechs Monaten nach der Preisverleihung tun. Die Akademie hofft, dass Dylan die Vorlesung später als Video nachreicht.