Essen. . Blues, Blut und Helsinki: Mit seinem neuen Film „Die andere Seite der Hoffnung“ gewann Aki Kaurismäki den Silbernen Bären der Berlinale.

Der Silberne Bär für die beste Regie der Berlinale erging in diesem Jahr an Aki Kaurismäki für seinen neuen Film „Die andere Seite der Hoffnung“. Die tragikomische Erzählung setzt in einer tristen Wohnung ein. Wikström, Mann von kompakter Statur in besten Jahren, verlässt seine Frau.

Er hängt auch den Job als Vertreter für Männeroberbekleidung an den Nagel. Beim Pokern gewinnt er Geld, kauft ein Restaurant in wenig attraktiver Lage und übernimmt die Belegschaft. Je nach Kundenaufkommen wechselt das Angebot auf der Speisekarte, aber auch das Design der Einrichtung im Gastraum zwischen Imbissbude, Sushi-Bar und internationaler Küche. Khaled, Flüchtling aus Syrien, kommt zu jener Zeit im Kohlenbunker eines Frachters in Helsinki an. Er findet erste Unterkunft in einem Asyl-Heim, wo er sich mit einem Iraker anfreundet, der verspricht, Khaleds verschollene Schwester ausfindig zu machen. Widrige Umstände zwingen Khaled hinaus auf die Straße. Zwischen den Mülltonnen eines Restaurants trifft er auf Wikström. Die beiden Männer kämpfen, dann vertragen sie sich. Khaled findet im Restaurant Anstellung und Unterkunft.

Inszenatorische Handschrift klar zu erkennen

Aki Kaurismäki hat einen Status erreicht, dass man seine inszenatorische Handschrift bereits nach wenigen Bildfolgen erkennt. Seit Kaurismäki das finnische Kino als beständige Größe auf der Landkarte des internationalen Filmschaffens etablierte, hat er seinen trockenhumorigen Stil konsequent verfeinert. Die Helden sprechen kein überflüssiges Wort, wenn ein Grunzer oder ein Blick denselben Zweck erfüllen kann. Zudem hat sich Kaurismäki immer mehr dem Prinzip des Guckkastens verschrieben. Wie bei Jacques Tati steht die Kamera still, höchstens einmal wird ein Schwenk erlaubt.

Der Rhythmus der Bilder ist so bedächtig wie die Erzählung, obwohl haarsträubende Dinge passieren. Anders als in seinem Film „Le Havre“, wo sich die Stilmittel nur noch auf sich selbst verwiesen, vereinigen sich die hinreißend bunten Kulissen, die superb ausgesuchten Schauspieler in ihren skurrilen Rollen und der lakonische Humor hier als Trümpfe der Warmherzigkeit eines Regisseurs, der von sich selbst einmal sagte: „Ich bin kein Moralist, aber ich habe Moral“.

Tritte wegen der Herkunft

Sein neuer Film bestätigt das in meisterlich komponierten Bildern und einer Erzählweise, die amüsant ist, die Dinge aber nicht auf die leichte Schulter nimmt. Wenn es ernst wird, gehen die Witzlichter aus, weil Kaurismäki seine Figuren mit Respekt behandelt; die Flüchtlinge, die Leute mit dem Mumm für den Neuanfang und die Musiker, die wohl schon in den 70ern ihren Blues in die Straßen und Kneipen heulten. Und die Menschenhasser, die einen nur wegen seiner Herkunft mit Tritten bearbeiten, müssen bei Kaurismäki im Fegefeuer der Bedeutungslosigkeit schmoren. Der Mann hat eben Moral.