Essen. . „Freude“, „schöner“, „Götterfunken“: Johan Simons verabschiedet sich mit Schiller von der Ruhrtriennale und stellt sein Abschlussprogramm vor.

  • 700 Künstler aus 30 Ländern sollen die letzte Ruhrtriennale unter Johan Simons zu einem starken Festival mit 135 Aufführungen machen.
  • In seiner letzten Spielzeit will der Niederländer in die Zukunft blicken mit dem Motto „Freude“, „schöner“, „Götterfunken“ von Schiller.
  • Bei der Bekanntgabe des Programms, das im August beginnt, versprach Simons so viele kostenlose Kulturveranstaltungen wie nie.

Wenn man am Anfang idealistischer-, aber auch listigerweise Millionen umschlingt, regnet es am Ende bestenfalls Götterfunken. Und so hält es Johan Simons in seiner Abschiedsruhrtriennalenrunde auch. Am Donnerstag gab er Motto und dazu passende Kunst bekannt.

Götterfunken? Das Hinter-Fragen ist Simons’ Beruf und so rupft seine Schlussprogrammatik Schillers Zeile in Einzelteile: „Freude“, „schöner“, „Götterfunken“, die ein dicker Anthrazitnebelstreif auf dem Programmheft zum guten Teil verdeckt. Was also wird Simons’ Fragen nach der Zukunft? „Ein wahres Füllhorn“, wie auf Zollverein gestern ministeriell frohlockt wurde?

Große Namen vollenden große Projekte auf der Ruhrtriennale 2017

Teils, teils. Denn Simons führt, während seine „Truck Tracks“ auch 2017 Gästen das Revier vorschaukeln, gleich mehrere Trilogien zur Vollendung. Bekannte Gesichter seiner Intendanz kommen also zuhauf, den Misch- und Gebläsehallen von Dinslaken bis Dortmund Kunst einzuhauchen. Luc Perceval wird seinen Zola-Zyklus „Geld. Trilogie meiner Familie“ vollenden, an dessen Ende ein Marathon von elf Theaterstunden steht. Auch endet im Sommer die Dante-Trilogie des Choreografen Richard Siegal, Anne Teresa De Keersmaeker, gleichfalls Stammgast, bringt Bachs Cellosuiten zum Tanzen.

Große oder zumindest großformatige Musiktheaterwerke sind Säulen jener Simons-Abschiedsgala, der – so ihm seine Gesundheit erhalten bleibt – ein Jahr später am gleichen Ort mit der Leitung des Bochumer Schauspielhauses die Fortsetzung folgt. Debussys „Pelléas et Mélisande“ kommt in die Jahrhunderthalle. Der Pole Krzystof Warlikowski führt Regie, Sylvain Cambreling leitet Bochums Symphoniker. Die Oper ist auch ein Gruß an Ruhrtriennale-Erfinder Gerard Mortier – es war sein Lieblingswerk.

Simons selbst will als Uraufführungs-Regisseur aus Don De Lillos düsterem Kapitalismusroman „Cosmopolis“ musiktheatralische Funken schlagen, während Elfriede Jelineks Fukushima-Variationen „Kein Licht“ zu frisch komponierter Musik von Philippe Manoury (Regie Nicolas Stemann) Duisburgs Landschaft verstrahlen.

„So viel kostenlose Kunst wie nie“, verspricht Intendant Simons für seine letzte Ruhrtriennale

„So viele Veranstaltungen wie nie, so viele kostenlose Veranstaltungen wie nie“, verspricht Simons. Das werden Konzerte im Freien sein wie jene rund ums Bochumer „Refektorium“, Salons („Elite am Ende“) und Vorträge, aber auch das Staunen über die Abschlussarbeit aus dem Atelier Van Lieshout, das vor der Jahrhunderthalle in aller Lust am im Weltuntergang lauernden Neubeginn „The End of Everything“ (das Ende von allem) zum Labyrinth ausformt. Wer weiß, was dabei herauskommt – und wer.

40 Produktionen, 22 Uraufführungen, insgesamt wird es 135 Veranstaltungen geben – solche, die mit von weither angereisten Künstlern das internationale Bewusstsein dieser gewollt avantgardistischen Ruhr-Festspiele manifestieren, aber auch denen Raum geben, die hier zu Hause sind. Bochums Symphoniker kommen vielfach zum Einsatz, tragen mit Beethovens Missa Solemnis gar den Schlussakkord der Saison vor. Und dass die gastgebende Heimat der Triennale grundsätzlich ein kultureller Hauptgewinn namens „JackPott“ ist, soll (wir kennen das aus 2010) eine touristische Blindverkostung per Bus-Shuttle erzählen, sie führt zu den Ruhrbühnen.

Aus Anlass der Abschiedssaison von Johan Simons gab es schon jetzt warme Worte

Johan Simons hört auf. Es gab viele warme Worte im Rahmen einer eher trockenen Konferenz mit sieben Stühlchen und einer Beamer-Leinwand. Aber entscheidend is ja bekanntlich auf der Bühne. Für die gibt es seit gestern 40 000 Karten.

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Ruhrtriennale 2017, 18. August bis 30. September. Karten: 0221-28 02 10 und an den bekannten Vorverkaufsstellen. Bis 30. April Frühbucherrabatt (15%).

700 Künstlerinnen und Künstler aus 30 Ländern werden erwartet. Neu unter den IndustrieSpielorten ist in diesem Jahr die „Zentralwerkstatt“ der Zeche Lohberg in Dinslaken.