Recklinghausen. . Anton Hennings Arbeiten in der Kunsthalle Recklinghausen drehen die Stile der Klassischen Moderne durch den Wolf und wirken doch altmeisterlich
Ja ist denn schon wieder Postmoderne, fragt man sich unwillkürlich vor den Bildern von Anton Henning, die derzeit in der Kunsthalle Recklinghausen aus dem Halbdunkel hervorschmunzeln. Aber das, was den Maler aus dem Brandenburgischen da antreibt, ist ja nicht nur eine berserkerhafte Zitierwut, die von Picasso bis Dali, von Modigliani bis Matisse wenig auslässt, was die Klassische Moderne an Stilen und Handschriften zu bieten hat, alte Klassiker wie Arcimboldo und Hieronymus Bosch inklusive. Es geht auch um eine nahezu altmeisterliche Art zu malen.
Wenn Henning das berühmte Luther-Porträt Lucas Cranachs mal mehr, mal weniger mit seinen eigenen Gesichtszügen ausstattet, gewinnt der Titel der Ausstellung – „95 hypermanische Paraphrasen“ – seine tiefere Bedeutung: Dies ist Anton Hennings Synthesen-Anschlag auf die Geschichte der Malerei. Es war nicht alles schlecht, heißt das auch, obwohl ja gerade die Avantgarden von einst ihren Elan vor allem daraus bezogen, alle bisherige Kunst für obsolet zu erklären. Henning praktiziert das Gegenteil – mit Witz statt mit dem heiligen Ernst der Kunst-Messiasse und -Apostel von einst.
Dabei gibt der 1964 in Berlin geborene Maler die Ansprüche von einst nicht auf, die Darstellung des Unbewussten im Surrealismus, die Kritik der gesamten Moderne an flacher Realitätsabbildung und Dekorationssucht der altvorderen Malerei. Henning sieht bei alledem durchaus die Doppelbödigkeit und die Selbstbezogenheit der modernen Kunst: Bei seinem Objekt „The Box“ kann man hineinlinsen – und betrachtet dann Kunstbetrachter beim Kunstbetrachten.