Essen. . Wenn Geschehenes Geschichte wird, landet es rasch zwischen Buchdeckeln. So auch die Ereignisse des Jahres 2015, die unter dem Begriff „Flüchtlingskrise“ in die Geschichte eingingen und deren Folgen uns weiter beschäftigen. Angesichts der großen Not ging damals ein Ruck durch die Gesellschaft, Bürger wurden Helfer. Erst feierte, dann ächtete man sie. Kritiker schimpften sie „Gutmenschen“ oder bescheinigten ihnen ei­nen „Helfer-Komplex“.

Wenn Geschehenes Geschichte wird, landet es rasch zwischen Buchdeckeln. So auch die Ereignisse des Jahres 2015, die unter dem Begriff „Flüchtlingskrise“ in die Geschichte eingingen und deren Folgen uns weiter beschäftigen. Angesichts der großen Not ging damals ein Ruck durch die Gesellschaft, Bürger wurden Helfer. Erst feierte, dann ächtete man sie. Kritiker schimpften sie „Gutmenschen“ oder bescheinigten ihnen ei­nen „Helfer-Komplex“.

Was das mit einer Gesellschaft anrichtet, diskutierten am Dienstagabend die Autoren Tillmann Bendikowski („Helfen. Warum wir für andere da sind“), Holger Michel („Wir machen das. Mein Jahr als Freiwilliger in einer Unterkunft für Geflüchtete“) mit WAZ-Kulturchef Jens Dirksen bei der Reihe „Lesart“ im Essener Grillo-Theater.

„Wir haben eine stabile Kultur des Helfens“, sagte Bendikowski. „Aber wir müssen sie pflegen.“ Dazu gehöre eben auch die Anerkennung für die Helfer. Und deren Denunzierung müsse der Gesellschaft eine Warnung sein: „Das Wort ,Gutmensch’ ist ein Kampfbegriff geworden, ein anti-zivilisatorischer Diffamierungsbegriff“.

Ein Grund dafür, so mutmaßte Dirksen, sei der Selbstschutz der Nicht-Helfer: „Um sich vor Ansprüchen zu schützen, die sie nicht erfüllen können, diffamieren sie die, die durch ihr Tun die moralische Messlatte höher legen. Nicht zu helfen und das auch noch zu rechtfertigen, ist doppelt unmenschlich.“

So weit die Theorie. Wie es sich anfühlt, unzählige Male als „naiver Gutmensch“ bezeichnet zu werden – und trotzdem an seinen Idealen festzuhalten, weiß Flüchtlingshelfer Holger Michel. „Die Helfer-Kultur ist nicht am Ende“, sagte er – und blickt nach vorn. „Die Aufgaben haben sich gewandelt. Jetzt geht es nicht mehr darum, Kuscheltiere an Bahnhöfen zu verteilen. Jetzt müssen wir den Menschen helfen, Teil unserer Gesellschaft zu werden.“