Essen. . Das Leben ist nicht leicht, tanzen wir drauf! Der Musikfilm „La La Land“ erzählt eine schöne Geschichte, nicht ganz ohne ein Gefühl von Wehmut.

Es ist Sommer und es herrscht wie immer Stau auf den Straßen von Los Angeles. Hupen zwecklos, also Scheibe runter und die Musik aufgedreht. Doch es bleibt nicht beim Stehen und Warten, denn diesmal öffnen sich nach und nach die Wagentüren, alle steigen aus und singen plötzlich selbst, machen Musik und tanzen ganz locker quer über die Autodächer. Mit diesem Fünf-Minuten-Opener (ohne Schnitt) beginnt „La La Land“ von Damien Chazelle, der sich bereits mit dem Trommler-Schicksal „Whiplash“ einen Namen gemacht hat und der nun mit einem Musical Erfolge feiert, das den Zuschauer auch ohne perfektes Happy End glücklich macht.

Mit der bittersüßen Liebesgeschichte drumherum macht Chazelle kein Hehl daraus, sich bei den Klassikern des Genres bedient zu haben, damals mit Fred Astaire, Ginger Rogers oder Gene Kelly. Auch die glühenden Farben in den Musikfilmen des Franzosen Jacques Demy („Die Regenschirme von Cherbourg“) mögen ihn inspiriert haben.

„La La Land“ verblüffft mit Einfallsreichtum

Doch das alles stört nicht, weil „La La Land“ mit seiner Wirklichkeitsnähe und seinem verblüffenden Einfallsreichtum doch etwas ganz Eigenständiges geworden ist – fast eine Analogie über das digitale Zeitalter, in dem Kunstformen wie das Musical oder auch das klassische Kino mehr und mehr verschwinden.

Die Liebesgeschichte hätte ei­gentlich schon beim großen Autostau ihren Anfang nehmen können, doch da nimmt der eilige Musiker Sebastian (Ryan Gosling) noch kaum Notiz von der Schauspielerin Mia (Emma Stone), die in ihrem Wagen Text zu lernen versucht und ihm schließlich nicht schnell genug Platz macht. Es braucht zwei weitere Begegnungen, bis es funkt und die Liebe sich im Rhythmus der Jahreszeiten entfalten kann.

Ryan Gosling tanzt zwischen Glück und Wehmut

Da begegnen zwei Menschen einander, die ihre Träume nie wahr machen konnten. Mia verzweifelt schier, weil sie bei ihren hastigen Vorsprechterminen bisher nicht ihr wahres Können zeigen durfte. Sebastian wiederum muss sein Geld als Barpianist verdienen, weil der Jazz, von dem er träumt, offenbar nicht mehr gefragt ist. Zu zweit kann man all das besser ertragen, glauben sie da noch.

In der vielleicht schönsten Szene des Films besuchen sie im Überschwang der Gefühle nachts eine Sternwarte, um gemeinsam den Himmel zu betrachten und plötzlich wie schwerelos vor den Sternen zu tanzen. Doch „La La Land“ will kein Märchen erzählen, hier soll im Gegenteil von einer realistischen Liebe in Zeiten der Anfeindung berichtet werden.

Nichts will perfekt sein in diesem Film

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Und deshalb ist hier auch nichts perfekt, weder in Sachen Gefühl noch in dem Gesang der Hauptdarsteller. Chazelle hat seinen beiden Stars keine perfekten Gesangsstimmen unterlegt, sondern lässt sie selbst die Songs von Justus Hurwitz singen, was der Wahrhaftigkeit und manchmal auch der Verlorenheit nur zuträglich ist.

Angesichts der Drehungen und Wendungen des Films wäre es schade, zu viel zu verraten. Aber zu loben ist, wie kunstfertig Chazelle mit Zeitsprüngen umgeht und mit dem Erzählen im Konjunktiv. In einer berauschenden Sequenz fast am Schluss wird der Zuschauer mitgerissen in eine Art Parallelwelt, in der es mit Sebastian und Mia ganz anders endet.

Es ist der Moment, da man so etwas wie Wehmut spürt, die weiß, dass das Leben auch ganz anders laufen könnte. Vielleicht gar so gut wie bei der Verleihung der Golden Globes, wo man voller Überschwang meinte, dem Film gleich sieben Trophäen mitgeben zu müssen. Wehmütig wird einem da angesichts der vielen anderen Filme, die durch diese wohlfeile Fülle nun im Schatten stehen.