Paris. . Satire gegen den Terror: Zwei Jahre nach dem Anschlag macht die Redaktion von „Charlie Hebdo“ weiter von sich reden.

Blutrot ist die Titelseite, auf der ein entsetzter Mann in den Lauf eines Gewehrs starrt, den ein grimmig dreinblickender Glatzkopf mit langem Bart auf ihn gerichtet hat. Es ist – wieder einmal – der islamistische Erzfeind, den das französische Satiremagazin „Charlie Hebdo“ auf das Cover seiner an diesem Mittwoch erschienen Sonderausgabe gehoben hat. „2017 – Endlich Licht am Ende des Tunnels“ lautet die Schlagzeile: eine Mischung aus Galgenhumor, Sarkasmus und blanker Ironie.

„Wir haben Charlie getötet, wir haben den Propheten gerächt“, riefen die beiden Attentäter, nachdem sie vor zwei Jahren ein Blutbad in den Pariser Redaktionsräumen der Zeitschrift angerichtet hatten. Doch die Terroristen haben sich geirrt. Charlie Hebdo hat überlebt. Dem Blatt, welches zu einem Symbol der Meinungsfreiheit geworden ist, geht es sogar besser als je zuvor.

Die aktuelle Ausgabe von „Charlie Hebdo“
Die aktuelle Ausgabe von „Charlie Hebdo“ © HO

Am 7. Januar 2015 waren die beiden Islamisten Chérif und Said Kouachi in die Redaktion eingedrungen. Im Kugelhagel ihrer Kalaschnikows starben an diesem Tag zwölf Menschen, unter ihnen der Chefredakteur Stéphane Charbonnier, genannt Charb, sowie die Zeichner Jean Cabut (Cabu), Philippe Honoré, Bernard Verlhac (Tignous) und Georges Wolinski.

Der Terrorismus beziehungsweise der Widerstand gegen den Terror ist für Charlie Hebdo ein Dauerthema geblieben. Nach dem Anschlag von Berlin titelte die im Dezember auf den Markt gekommene deutsche Ausgabe mit der Zeichnung eines Lebkuchenhauses, aus dem Kanonenrohre ragen. „Sie werden unsere Art zu leben nicht verändern“, hieß der Titel dazu. In der französischen Ausgabe wurde der neue Chefredakteur Laurent Sourisseau (Riss) noch deutlicher: „Den Krieg gegen Terroristen gewinnt man nicht mit Grenzen und Kontrollen”, hielt er allen entgegen, die seit der Flucht des mutmaßlichen Berliner Attentäters Anis Amri nach Grenzkontrollen innerhalb Europas rufen.

Für die Überlebenden wie für die Zeitschrift bleibt der 7. Januar eine Zäsur. Im negativen wie im positiven Sinne. War Charlie Hebdo zuvor ein vor der Pleite stehendes Käseblatt mit einer Auflage von 30 000 Exemplaren, zählt sie heute 10 000 Abonnenten und eine normale Ausgabe wird 75 000-mal gedruckt. Außerdem spülten eine enorme Solidaritätswelle nach dem Anschlag und der Verkauf der am 14. Januar 2015 in der einmaligen Rekordauflage vom 8 Millionen Exemplaren gedruckten „Überlebensausgabe“ 30 Millionen Euro in die Kassen.

Für diesen Erfolg freilich zahlt die Redaktion über ihre ermordeten Kollegen hinaus einen hohen Preis. Inzwischen ist die Redaktion in einen Neubau umgezogen, der unter strengem Polizeischutz steht und dessen Adresse geheim gehalten wird. Auch die meisten Mitarbeiter dürfen keinen Schritt ohne Leibwächter tun.