Essen. . Der Broadway-Klassiker „West Side Story“ ist auf Welttournee. Eine Station ist das Colosseum Theater in Essen. Begeistertes Premierenpublikum.

Als die „West Side Story“ 1957 den Broadway eroberte, war das Stück mit der Musik von Leonard Bernstein eine Revolution in der Geschichte des Musiktheaters. Heute weltberühmte Textzeilen wie „I like to be in America“ beschworen den American Dream: Freiheit, Gleichheit, Aufstieg; wenige Jahre später folgte die Aufhebung der Rassentrennung – lange her. Und doch wirkt die mitreißende Lovestory im Straßenkampf-Drama der weißen polnisch-stämmigen Jets und der aus Puerto Rico eingewanderten Sharks, im Trump-Wahljahr wieder ziemlich zeitgemäß. Die deutsch-untertitelte Neu-Einstudierung der Originalproduktion ist auf Welttournee, der Auftakt des NRW-Gastspiels im Essener Colosseum-Theater wurde gestern Abend begeistert gefeiert.

Trotz seiner 60 Jahre dampft dieser Musical-Klassiker immer noch vor Temperament, Testosteron und Tanzeinlagen. In der New Yorker Kulisse nimmt das Drama in Windeseile seinen Lauf: juvenile Revierkämpfe, Machogehabe und Straßengang-Fights, die am Ende Menschenleben kosten. Eine Tragödie der großen Konflikte und der großen Liebe, die auf Familien- und Standeszugehörigkeiten pfeift: Romeo und Julia in Manhattan, und die schönste Liebeserklärung der Musicalgeschichte findet auf einer Feuerleiter statt: „Maria“.

Ensemble zeigt Höchstleistungen

Regisseur Joey McKneely, der die Choreografie noch mit einem Ahnvater der Originalproduktion, Jerome Robbins, einstudiert hat, treibt das Ensemble zu Höchstleistungen. Energie bis in die Spitze, auch wenn das Ballett hier die Alltagskleidung überzieht und das Stück bei aller tänzerischen und musikalischen Virtuosität doch immer noch mehr nach Straßengraben als nach Operngraben klingt.

Schon bei der Uraufführung rühmten sich die Macher, „die größte Talentsuche in der Geschichte des Broadway“ veranstaltet zu haben. Dem Prinzip ist man treu geblieben. Für die aktuelle Inszenierung wurde wochenlang am Broadway gecastet, um ein Ensemble zu finden, das starke Stimmen und jugendliche Ausstrahlung mitbringt.

Das Herz sofort erobert

Wie der Tony von Kevin Hack, dessen schlanker, beweglicher Tenor nicht nur das Herz der Maria (strahlend: Jenna Burns) sofort erobert, sondern auch beim Publikum für Gänsehaut sorgt. Keely Beirnes „Anita“ ist pure Energie, die Straßengang-Boys strotzen nur so vor Vitalität und Virilität. Und das bei der rhythmischen Komplexität der Musik zwischen Mambo, Swing und Jazz, den extrem fordernden Stimmlagen und Kompositionen manchmal an der Grenze der Tonalität.

Unter dem Dirigat des erfahrenen Orchesterchefs Donald Chan kommen die Welthits von „Tonight“ bis „Somewhere“ so geschliffen-brillant und beschwingt daher, dass der Klassiker auch ohne aufwendige Kulissenschieberei überzeugt. Eine Erfolgsgeschichte – ohne Happy End. Schon die künstlerischen Revolutionäre von damals hatten ihre Zweifel am Traum von einer Welt ohne Völkerhass.

Temine und Tickets

Bis 31.12. (außer 24.12.). Tickets (41,50 - 85,50 € ) an allen Vorverkaufsstellen und Tel. 0209-14 77 920.