Unna. . Neue Strahlkraft im alten Gewölbe: Das Zentrum für Internationale Lichtkunst zeigt die erste Retrospektive nach dem Tod von François Morellet.

In der modernen Kunst trifft man nur noch selten Pioniere: François Morellet war so einer, ein Lichtpionier. Ihm zu Ehren zeigt das Zentrum für Internationale Lichtkunst Unna die erste Retrospektive nach seinem Tod – zugleich die letzte Werkschau, die der französische Künstler noch selbst zusammengestellt hat, kurz vor seinem 90. Geburtstag im April dieses Jahres. Elf Tage später starb er.

In den Tonnengewölben der alten Lindenbrauerei sind jetzt seine Arbeiten aus seinen Anfängen als Lichtkünstler zu sehen, ebenso aktuelle Installationen aus den Jahren 2006 bis 2015. „Es war eine Her­ausforderung, fertige Morellets zu zeigen in Räumen, die fertig waren“, erzählt Museumsdirektor John Jaspers, der bei einem Besuch in Frankreich das Projekt noch mit dem Meister persönlich planen konnte.

Denn Morellet arbeitete meistens für den Raum. So war er in den Anfängen des unterirdischen Unnaer Museums auch einer der ersten, die sich künstlerisch in einem der vielen Bierkeller „ausleben“ durften. Seine Arbeit „No End Neon/Pier and Ocean“ aus den Jahren 2001/2002 bezieht sich auf die gleichnamige Zeichenserie von Piet Mondrian und gehört als Dauerinstallation zum Bestand des Lichtkunstzentrums.

Neue und alte Lichtkunst

In der Morellet-Wechselausstellung erlebt der Besucher neue und alte faszinierende Lichtkunst in 150 Jahre alten grauen Gewölben, die selbst viele spannende Spuren zeigen. Durch sie erfährt Morellet eine ganz neue Strahlkraft. Sehr moderne Neon-Arbeiten aus den 70er-Jahren sind im ersten Raum aufgebaut – Neonlinien, Neon-Stäbe, die gestikulieren, immer wieder neue Figuren bilden und ein Eigenleben mit Kopf und Füßen entwickeln.

François Morellet
François Morellet

In der Ecke dann eine sehr große Arbeit, die einst schon bei der Lichtkunst-Biennale im Kulturhauptstadtjahr auf einem Bauernhof die Besucher in Staunen versetzte: Ein perfekter Kreis aus Neonröhren; auseinandergenommen, zusammengefallen und neu zusammengesetzt, scheint er sich plötzlich zum Himmel zu recken.

„Formidable!“, sagt die Witwe

So minimalistisch, so streng die Werke von Morellet scheinen, sind sie nicht. Die roten Kreise, seine Linien, die geometrisch gesetzten Punkte: sie blinken, sie flackern, sie scheinen sich dem Zufall oder einem Kurzschluss zu ergeben. Morellet hatte eben auch viel Humor und ein Faible für eigenwillige Schaltungen und Lichtspielerei. Auf schwarzen, eigens eingebauten Wandscheiben leuchten diese Werke aus den 60er-Jahren besonders stark.

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Am Ende der Schau hängt eine Arbeit, die aus dem Quadrat, dem Kreis, dem rechten Winkel ausbricht und so ganz anders ist: wirre weiße Neonlinien.

Zehn Stationen

Morellet ließ eines seiner Werke sich waagerecht im Wasser spiegeln – die fotografierte Reflexion des Ganzen baute er dann senkrecht für die Wand nach. Damit endet nach zehn Stationen auch die Retrospektive.

Die verlangt auch der Witwe Danielle Morellet (89) Bewunderung ab. Madame, eigens aus Frankreich angereist, fand die Schau schlicht „formidable!“

Die Ausstellung:

Morellet. Bis 29. Januar 2017, Zen­trum für Internationale Lichtkunst Unna, Lindenplatz 1. Öffnungszeiten: Di-Fr 13 Uhr, 15 Uhr und 17 Uhr. Sa-So 13-17 Uhr stündliche Führungen. Jeden ersten Sonntag im Monat offene Begehung.