Das Moers Festival zwischen Lärm und subtilem Jazz
Moers. Die Zeiten weltmusik-seliger Kuscheligkeit beim Moers Festival sind vorbei. Selbst die Jugend nutzte angebotene Gehörschutz-Stopfen mit einer Begeisterung, die sich bei den Brachial-Acts nicht einstellen wollte.
Deren Muster ähnelten sich verblüffend, ob bei "Keiji Haino & Merzbow" aus Tokio oder "FM3" aus Peking. Ein Mann würgte bis zum akustischen Overkill seine elektrische Gitarre, während der zweite mit geradezu authistischer Hingabe elektronische Gerätschaften in einer Lautstärke traktierte, dass einem Hören und Sehen verging.
Mit Jazz hatte das alles oder nichts zu tun, wirkte aber als Kontrastmittel zu Klängen, die man der Improvised Music zuordnen konnte. Dass die hochspannend sein kann, bewiesen alte Bekannte wie der Pianist Georg Gräwe, der u. a. mit dem Cellisten Ernst Reijseger feinsinnige Pasticcios zeichnete. Da wirkte Earl Howard am Syntheziser fast als Fremdkörper. Grandios auch der legendäre Saxophonist und Komponist Anthony Braxton, der überraschend verträglich ein kammermusikalisches Breitwand-Epos zelebrierte.
Zur Sensation gerieten zwei Ensembles, die raffiniert Tradition und Moderne verbanden. Druckvoll der Wanne-Eickeler Bassklarinettist Eckard Koltermann, dessen "Border Hopping" elegant holländische Impulse aufnahm; fili-gran die "Embassadors" des Neuseeländers Hayden Chisholm, der mit zartem Altsaxophon fabelhaften Kammer-Jazz über oszillierenden Streicherflächen zelebrierte.