Mit "Der Schrecksenmeister" entführt Walter Moers seine Leser erneut in die wundersame Welt Zamoniens

Essen. "Oben ist unten, und hässlich ist schön."

Motto der Ledermäuse Willkommen in Zamonien! Walter Moers war so frei, eine weitere wunderbare Erzählung des berühmten Hildegunst von Mythenmetz zu übersetzen. Unwissenden sei gesagt, dass es sich hierbei um einen großen zamonischen Denker handelt. Ungläubigen sei der Eintritt in eine literarische Parallelwelt ans Herz gelegt. Es muss doch mehr als die Erde geben.

Um es in weltliche Worte zu kleiden: "Der Schrecksenmeister" ist der jüngste Erguss aus Walter Moers' spitzer Feder. Seinem Hirn entsprangen streitbare Figuren wie "Das kleine Arschloch", "Adolf, die Nazisau" und der massenkompatible "Käpt'n Blaubär". Im Gegensatz zu seinen Figuren macht sich der Mönchengladbacher Moers rar, gibt Interviews - wenn überhaupt - nur per E-Mail und lässt sich schon gar nicht fotografieren.

Er lässt Taten sprechen, und das mit beachtlichem Output. "Die 13 1/2 Leben des Käpt'n Blaubär" entführten 1999 erstmals ins Reich Zamonien, das nahe bei Absurdistan liegen muss. Moers unternahm weitere fantastische Reisen, etwa in "Die Stadt der träumenden Bücher", und legt Wert darauf, nur als Übersetzer des legendären Hildegunst von Mythenmetz zu dienen, der sich nun wiederum auf ein Märchen Gofid Letterkerls stützt.

Das ist nur für Nicht-Zamonier verwirrend und leicht zu entknoten, wenn man den Buchstabensalat Gofid Letterkerl zum Anagramm Gottfried Keller mixt. Dessen Novelle "Spiegel, das Kätzchen" nahm Moers, Pardon, Mythenmetz als Anstoß für Echos Schicksal. Echo ist eine Katze, die sprechen kann und somit eine Kratze. Im krankesten Ort Zamoniens, Sledwaya (bei Keller: Seldwyla), schließt Echo einen Pakt mit dem gefürchteten Succubius Eißpin (Pineiß).

Der Schrecksenmeister serviert dem hungernden Krätzchen bis zum nächsten Vollmond allerlei lukullische Gaumenfreuden - um es dann zu meucheln und mit dem wertvollen Kratzenfett eine alchimistische Schrecksenmeisterleistung zu vollbringen. Angereichert wird die Mast mit merkwürdigen Begegnungen. Echo trifft einen Fremdwörter verdrehenden Eulerich, blut-saugende Ledermäuse, eine liebestolle Schreckse und den Entschluss, sein Kratzenleben lieber behalten zu wollen.

"Der Schrecksenmeister" ist als kulinarisches Märchen ausgewiesen. So lädt er zum Verschlingen von gebratenem Knilsch-Brömen, unsichtbarem Tarnkappen-Stör-Kaviar und 383 fantasievoll angerichteten Seiten. Probieren Sie doch auch mal. Es kostet nicht weniger als den Verstand.

Walter Moers: Der Schrecksenmeister. Piper, 22,90 €