Essen. Afrika ist die große Leidenschaft des Ethnologen und Journalisten Henning Christoph. In Essen betreibt der 64-Jährige in einem unscheinbar wirkenden Haus ein Museum, in dem er über 1000 Exponate ausstellt.

Es sind nur einige wenige Stufen, die von der Rüttenscheider Straße in Essen in eine andere Welt führen: in eine faszinierende Welt der afrikanischen Kultur. In einem unscheinbar wirkenden Haus im Süden der Ruhrmetropole ist seit nunmehr acht Jahren das Vodou-Museum „Soul of Africa” beheimatet. Auf knapp 80 Quadratmetern stellt Henning Christoph dort rund 1000 Exponate aus, darunter einige nur schwer zu bekommende Artefakte aus Benin und Togo. Es handelt sich dabei lediglich um einen Bruchteil seiner umfassenden Sammlung, die insgesamt aus etwa 2500 Objekten besteht. „Ich überlege bereits, ob ich bald nicht expandiere”, scherzt der 64-jährige Vodou-Sammler, der für seine Leidenschaft tief in die Stammeswelten afrikanischer Länder eingetaucht ist.

Inmitten (eines Teils) seiner Sammlung: Henning Christoph. Fotos: WAZ, Arnold Rennemeyer
Inmitten (eines Teils) seiner Sammlung: Henning Christoph. Fotos: WAZ, Arnold Rennemeyer © WAZ

Der süße Duft seiner Pfeife weht einem entgegen, als Henning Christoph die Tür zu seinem Reich öffnet. „Hereinspaziert”, sagt der Mann mit dem dicken weißen Schnäuzer und dem vollen Kinnbart, als er in sein Museum einlädt, dessen Wände afrikagerecht in Lehmfarben angestrichen sind. In den Räumen finden sich Gegenstände, die teils aus dem 17. Jahrhundert stammen: Sklavenketten, Totenschädel und Götterstatuen. Das Sahnestück der Sammlung ist die Gruppe der Kostüme, die in Benin von den Mitgliedern der Geheimgesellschaft Egungun getragen werden.

Unbändiger Überlebenswille

Geboren bei Leipzig, wuchs Christoph in Kassel auf. Seine Eltern wanderten mit ihm und den drei Geschwistern 1950 in die USA aus. 1956 war es, als er im Fernsehen einen Tarzan-Streifen sah. Tarzan an sich, sagt er, habe ihn eher weniger interessiert. Doch die Darstellung der afrikanischen Völker und ihrer Kultur, die habe ihn umso mehr fasziniert. An Afrika schätze er den unbändigen Überlebenswillen, mit dessen Hilfe die Menschen dort jeder Krise trotzen würden. In Deutschland, sagt Christoph, lebten die Menschen in Angst. „Sie sollten sich ein Beispiel an den Afrikanern nehmen. Diese Leute haben trotz ihrer Situation immer noch so viel Energie, Kraft und Lebenslust.”

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Afrika begleitete ihn auch während des Studiums an der Universität von Maryland bei Washington, wo Christoph Ethnologie und Journalistik studierte. Anschließend ging er jedoch nicht nach Afrika, sondern in den Großstadtdschungel von New York, wo er als Polizeireporter sein Geld verdiente. Erst 1967 zog es ihn wieder nach Europa, „weil das näher dran ist an Afrika”.

In den 70ern begann er, als Reporter für die Zeitschrift Geo sämtliche Teile der Welt zu bereisen. Südostasien, Mittelamerika und natürlich Afrika. Mehr als einmal übernachtete Christoph im Dschungel, inmitten von Schlangen, Käfern und anderen Tieren, die man sich nicht vorstellen mag.

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Nach Benin zog es ihn immer wieder. Während einem dieser Aufenthalte an der Südwestküste des schwarzen Kontinents gelang es Christoph, Zugang zu einem der Vodou-Stämme zu finden. „Einer ihrer Priester bestimmte jedoch, dass ich zunächst 14 Tage bei ihnen leben musste, bevor ich mich frei bewegen und alles fotografieren durfte.” Der Deutsche gewann das Vertrauen der Einheimischen und erhielt Einblicke wie kaum ein anderer Weißer vor ihm.

Nichts zu tun mit Hexenzauber

Christoph, der für seine Foto-Reportagen bereits mehrere Male die Auszeichnung World Press Photo Award gewann, nutzte seine neuen Kontakte auch, um seine Vodou-Sammlung zu erweitern. „Mit dem Sammeln hatte ich bereits in den 60ern begonnen, aber die ersten Sachen waren nicht viel wert. Erst mit der Zeit wurden die Objekte hochwertiger und seltener.”

Zunächst lagerte er seine Schätzchen nur in dem Haus in Essen. Irgendwann erhielt er jedoch Anfragen von Museen, die sich Exponate für Ausstellungen ausleihen wollten. Christoph begann, die Sammlerstücke zu ordnen, um sie den Kuratoren besser präsentieren zu können. „Und so entstand eines Tages die Idee, aus dem Ganzen ein Museum zu machen.” Pro Monat kommen an die 90 Besucher. Ihnen erklärt Christoph dann am liebsten, dass der Vodou-Kult in vielen afrikanischen Ländern der offizielle Glaube sei – und rein gar nichts mit jenem Hexenzauber zu tun habe, wie sie in manch einem übertriebenen Hollywood-Film zu sehen ist.

Vodou statt Voodoo

Henning Christoph weist darauf hin, dass die richtige Schreibweise des Kultes Vodou ist – und nicht Voodoo. „Das ist auch so eine Erfindung von Hollywood”, sagt der Afrika-Experte, der Benin als seine „zweite Heimat” bezeichnet. Etwa viermal im Jahr reist er noch nach Afrika. Infos zum Vodou-Museum gibt es > hier im Internet auf der Seite des Museums

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