Essen. . Amerika am Nullpunkt: Im neuen Roman von Don DeLillo will ein alternder Milliardär den Traum vom ewigen Leben wahr werden lassen.
Der Amerikaner Ross Lockhart ist ein alternder Selfmade-Milliardär, sein letztes, ehrgeiziges Ziel: das ewige Leben. In der Wüste Usbekistans betreibt er sein Projekt der Kryonisierung, hier wird seine jüngere, aber schwer kranke Ehefrau Artis eine der ersten Kundinnen seiner Firma sein – und sich einfrieren lassen, bis in ferner Zukunft ihr Leiden geheilt werden kann.
Ross’ Sohn Jeffrey besucht das Paar, mit seinem skeptischen Blick sehen wir in Don DeLillos neuem Werk „Null K“ das Ringen eines Größenwahnsinnigen mit den Gesetzen der Natur, des menschlichen Seins.
Wenn Jeffrey durch die unterirdischen Gänge des Kryo-Labors irrt, wenn leere Zimmer, Fernsehbilder von Kriegen und Katastrophen sich zum apokalyptischen Szenario entwickeln, dann beweist Don DeLillo einmal mehr sein Talent zur universellen Paranoia. Nur, dass die irrationale Selbstermächtigung eines totalitär agierenden Tycoons plötzlich vom literarischen Phantasiegebilde zur Wirklichkeitsanalyse wurde.
Autor DeLillo kritisiert Donald Trump
Als der Roman „Zero K“ im Mai in den USA erschien, hatte Donald Trump in den aktuellen Umfragen erstmals Hillary Clinton knapp erreicht. Die deutsche Ausgabe erschien Ende Oktober, in jüngsten Interviews warnte der 79-jährige DeLillo vor „einer Massenhalluzination“, bezeichnete Trump als „völligen Hohlraum, völlige Leere“.
So lässt nun die Lektüre des Werkes doppelt erschauern: ob der Vorstellung, der Mensch erhebe sich zum Schöpfer seines (ewigen) Selbst. Und ob der Verführbarkeit der Massen, gespiegelt in Ross’ Kryo-Sekte. „Null K“ meint einen Gefrierpunkt, aber auch den Nullpunkt der amerikanischen Gesellschaft – bleibt zu hoffen, dass man es nicht bald schon das Buch der Stunde nennen muss.
- Don DeLillo: Null K. Kiepenheuer & Witsch, 288 Seiten, 20 Euro