Gelsenkirchen. . Starkes Kindertheater am „Consol“ in Gelsenkirchen. Der vielgespielte Dramatiker Roland Schimmelpfennig schreibet über das Fliegen in Gedanken.

Es ist ein handfester Coup, der dem Gelsenkirchener Consol-Theater gelungen ist: Roland Schimmelpfennig, der meistgespielte Gegenwartsdramatiker im deutschsprachigen Raum, hat sein erstes Kinderstück geschrieben – und uraufgeführt wird dies nicht etwa in Wien oder Hamburg, sondern auf dem ehemaligen Zechengelände Consolidation mitten im Revier. Möglich macht’s die Kunststiftung NRW, die vor zwei Jahren bereits ei­ne Auftragsarbeit von Sibylle Berg ins Consol-Theater brachte.

Orientierungslosigkeit und soziale Kälte sind Themen, die Schimmelpfennig in vielen seiner Stücke beschäftigen, und das ist auch bei „Die Biene im Kopf“ nicht anders. Allein: Seine neue Zielgruppe im Grundschulalter scheint ihn milder zu stimmen. Bittere Momente hat die Geschichte zwar immer noch, doch der Autor erzählt sie mit Sympathie und Wärme als spannende Abenteuerreise, statt groß Trübsal zu blasen.

Im Mittelpunkt steht ein siebenjähriger Schüler, der daheim über die leeren Bierflaschen seiner Eltern stolpert und dauernd zu spät zur Schule kommt, weil ihn keiner weckt. Vor dem Vater hat er Angst, in der Klasse wird er gehänselt, auf dem Heimweg verprügelt – also träumt sich der Junge in eine Art Computerspiel hinein, dessen Ziel es ist, Level für Level Aufgaben zu bestehen. In seiner eigenen Welt ist er eine Biene, die fliegen und durchaus zustechen kann, wenn man ihr übel mitspielt...

Die Gedanken sind frei: Diese so schlichte wie zeitlose Botschaft transportiert der Autor auf wundersamem Wege. Denn geschrieben ist das Stück konsequent in der zweiten Person („Du wachst auf, und du denkst, du kannst fliegen“) und wirkt beinahe wie eine einzige Regieanweisung. Theaterleiterin Andrea Kramer nimmt den Autor beim Wort und formt aus der Tragikomödie schwungvolles, kurzweiliges Erzähltheater mit fliegenden Kulissenwechseln (Bühne: Matthias Wink­ler), viel Musik und drei fabelhaft aufspielenden Darstellern.

Manuel Moser, Eric Rentmeister und Hinnerk Schichta teilen sich in bunten Trainingsanzügen sämtliche Rollen. Es gibt keine Atempause, Schlag auf Schlag wird die Story vorangetrieben. Aus den wenigen Requisiten zaubern sie immer neue Spielgeräte. Wenn die drei einen Kleiderschrank zum Flieger erklären und damit beinahe abheben, dann sind das anrührende, poetische Momente. Großer Applaus auch vom jungen Fachpublikum im Saal – langweilig wird’s hier keinem.