Essen. Er schrieb Hits wie „Ein Bett im Kornfeld“ und „Griechischer Wein“. In seinem neuen Projekt beschäftigt sich Michael Kunze mit Mozart.
Er ist der wohl erfolgreichste Liedertexter des Landes. Er hat Bücher verfasst, die Bestseller geworden sind, und Musicals – fremde und eigene – zum Erfolg geführt. Aber bei alldem ist Michael Kunze am liebsten hinter den Kulissen geblieben oder zumindest in der zweiten Reihe. „Ich habe doch“, sagt er bescheiden, „nur Geschichten geschrieben.“ Eine davon ist vom 21. bis 23. Oktober im Duisburger Theater am Marientor zu sehen und zu hören. „Mozart“ kommt.
Kunze redet nicht von sich aus darüber. Man muss ihn schon fragen, wenn man hören will, dass es ihn „wie ein Schlag“ getroffen hat, als er zum ersten Mal ein Lied von Elvis Presley im Radio hört. Dass er danach anfängt, Texte für andere zu schreiben, die niemand aufnehmen will und die er selber nicht aufnehmen kann, weil er kein Geld hat, um ein Studio zu mieten. Bis eine Plattenfirma sagt: Bring uns einen guten Sänger, dann spendieren wir Studiozeit.
Kunze ist erster deutscher Grammy-Gewinner
Kurz darauf hört Kunzes Ehefrau Roswitha in einem Münchener Club einen jungen Mann. Er singt zwar nur die zweite Stimme auf der Bühne, aber er wird ihre erste Wahl. Der junge Mann heißt Peter Maffay, das Lied, das Kunze für ihn schreibt, trägt den Titel „Du“.
Es wird der erfolgreichste deutsche Song des Jahres 1970 und ist die erste große Geschichte, die er schreibt. Viele werden folgen. Mit Udo Jürgens nimmt er „Griechischer Wein“ auf, mit Peter Alexander „Die kleine Kneipe“, und Jürgen Drews macht er „Ein Bett im Kornfeld“. Bald schon wird Deutschland zu klein. Mit Silver Conventions „Fly Robin Fly“ bittet er die ganze Welt auf die Tanzfläche, bekommt dafür als erster Deutscher einen Grammy.
„Elisabeth“ ist Kunzes erstes eigenes Musical
Mit dem Erfolg steigt der Druck. „Wenn du immer auf Platz eins der Charts bist, ist Platz zwei schon ein Rückschritt“, sagt Kunze, der Ende der 70er praktisch im Studio lebt. Von einem Tag zum anderen kündigt er alle Verträge, zieht sich zurück. Mit Schlagern und Disco hat Kunze seitdem nichts mehr zu tun. „Das interessiert mich heute nicht mehr.“
Musicals interessieren ihn, seit Andrew Lloyd Webber ihn einst um eine Übersetzung von „Evita“ bittet. Kunze aber übersetzt nicht, er „adaptiert“ das Stück und in den kommenden Jahren so ziemlich jedes Musical des britischen Erfolgskomponisten – von „Cats“ über „Phantom der Oper“ bis hin zu „Mamma Mia“. Mit „Elisabeth“ schreibt er Anfang der 90er sein erstes eigenes Musical – weit weg von allen üblichen Sissi-Klischees. Und wieder feiert er Erfolge.
Kunze mag die Menschen im Ruhrgebiet
Nach Duisburg kommt nun sein Musical über das Leben und Schicksal von Wolfgang Amadeus Mozart. Auch ein Welterfolg, aber in Deutschland seit sieben Jahren auf keiner Bühne mehr zu sehen gewesen. Heikles Thema, über das man mit Kunze stundenlang reden kann. Weil er sich immer noch darüber ärgert, dass Singspiele hierzulande in subventionierten Theatern so gut wie gar nicht stattfinden. „Deshalb sind ja die kommerziellen Anbieter in die Lücke gesprungen.“ Aber die wollen kein Risiko eingehen, setzen deshalb auf die bekannten Stücke, wagen wenig. „In Österreich ist das ganz anders.“
Dabei, glaubt Kunze, würde das auch im Ruhrgebiet funktionieren. Er schätzt die Menschen im Revier für ihre „offene und ehrliche Art, wenn es um Emotionen geht“. Menschen, die sich nicht von Kritikern oder Theaterbetreibern vorschreiben lassen wollen, was ihnen gefällt. „Das entscheiden die Leute dort selbst.“ Deshalb macht er sich auch keine Sorgen, dass sie seinen Wolfgang Amadeus nicht mögen könnten. „Wer Andrew-Lloyd-Webber-Musicals gut findet, der wird sich auch bei Mozart gut unterhalten.“ Ist halt eine gute Geschichte.