Gelsenkirchen. Das "Pixelprojekt Ruhrgebiet" versteht sich als bildreiches Gedächtnis der Region. 40 Fotografen zeigen jetzt im Wissenschaftspark Gelsenkirchen 54 Bildreihen: von Alltagsszenen bis zu Kultur-Events.

Wiebke Leister im Kunsthaus Essen mit einem Selbstportrait (Foto: Frank Vinken)
Wiebke Leister im Kunsthaus Essen mit einem Selbstportrait (Foto: Frank Vinken) © frank vinken / waz

Als vor sechs Jahren Peter Liedtke mit Gleichgesinnten das "Pixelprojekt Ruhrgebiet" als Gedächtnis-Plattform für die Fotografie in der Region gründete, konnte kaum jemand erwarten, dass sich mit dieser Initiative ein Erfolgsrezept verbinden würde. Inzwischen liegt die fünfte Edition dieser Reihe vor: Im Gelsenkirchener Wissenschaftspark sind 54 Bildserien von 40 Fotografen zu sehen. Themen aus fast allen Bereichen des Ballungsraumes werden aufgegriffen.

Das heißt: Pluralismus macht den Charakter dieser opulenten Präsentation aus. Themen sind u. a. Arbeitssicherheit (Rudolf Holtappel) und Klavier-Festival Ruhr (Mark Wohlrab), Stahlarbeiter auf Phoenix in Dortmund (Christoph Kniel) und Straßenstrich (Iris Wolf), Hafthaus Herne (Wolfgang Quickels) und neues Pflanzenblühen auf der Halde (Suna Pfeif). Es wird Familiengeschichte an zwei Nachbarhäusern dokumentiert (Yolanda vom Hagen), aber auch die Love Parade (Matthias Gödde), die Magie verbotener Orte (Andreas Ren), oder die Geschichte der Industrie (Christian Diehl). Ob Prominenten-Porträts (Norbert Enker), Ruhr Triennale oder Galerie-Events (Frank Vinken) - das Ruhrgebiet gibt sich in diesen seriellen Aufnahmen multikulturell, aufgeschlossen, auf Veränderung spezialisiert, kunstbeflissen und lebenswert.

Zwei Pioniere der Revier-Fotografie werden in größeren Zusammenhängen gewürdigt: Dem aus Gelsenkirchen stammenden "Designer-Papst" Anton Stankowski wird mit Schwarzweiß-Poesie aus den 20-er Jahren Respekt gezollt; Klaus Rose sichert den historischen Teil dieser üppigen Schau mit Sequenzen vom autolosen Sonntag (1963), von einst wichtigen Politikern der 70-er/80-er Jahre oder von Ostermärschen zwischen 1962 und '89 ab.

Aus dem Ganzen ergibt sich, wenn man das bereits vorliegende Archiv mit fast 250 Digitalserien und 5000 Einzelfotografien hinzurechnet, die Einlösung des großen Liedtke-Versprechens: Hier wird ein bildreiches "Gedächtnis der Region" ausgebreitet, jährlich ergänzt und farbig erweitert. Für "Ruhr.2010" dürfte damit ein beeindruckender Beitrag zur Entwicklung der Fotografie zwischen Duisburg und Hamm vorliegen. Es ist zugleich ein künstlerisches Vermächtnis, gepaart mit einer Neubewertung der fotografischen Ästhetik und deren Wandel im Revier.

Wissenschaftspark Gelsenkirchen, Munscheidstraße 14: bis 10. August; geöffnet täglich 8 bis 18 Uhr.