Düsseldorf. . NRW kauft die Portigon-Kunstsammlung für rund 30 Millionen Euro – und ein Stargeiger bekommt „seine“ Stradivari zurück
Ein Großteil der zum Verkauf stehenden Kunstschätze der früheren WestLB bleibt im Besitz des Landes NRW. Kulturministerin Christina Kampmann (SPD) hat am Montag einen Vertrag unterschrieben, der den Ankauf von 297 Kulturgütern aus dem Besitz der WestLB-Nachfolgerin Portigon regelt. Der Preis: rund 30 Millionen Euro.
Die Kunstwerke werden von einer Stiftung „Kunst im Landesbesitz“ übernommen, die an die Kunstsammlung NRW angegliedert ist. Auf diese Stiftungs-Lösung einigten sich am Montag in Düsseldorf Vertreter der Landesregierung, Portigons sowie der Kunstsammlung NRW. Damit ist der von Museen und Kommunen befürchtete große „Ausverkauf“ von Kunst in Landesbesitz abgewendet. „Es ist uns gelungen, die für das Land so wichtigen Kulturgüter zu erwerben und sie für die Bürger zu erhalten“, sagte die Ministerin.
Portigon muss die Sammlung im Zuge der Abwicklung der früheren Landesbank West LB veräußern. Experten hatten davor gewarnt, die Arbeiten auf dem freien Markt anzubieten: Das Land dürfe sich nicht von diesen wertvollen Kulturgütern trennen. Die Sammlung umfasst insgesamt rund 400 Kunstwerke und drei Streichinstrumente. 103 Kunstwerke und zwei Streichinstrumente werden nicht von der Stiftung übernommen, weil sie aus Sicht der Landesregierung „keinen Bezug zu NRW haben“.
In der Konkursmasse der WestLB befinden sich wertvolle Arbeiten von Joseph Beuys, Gerhard Richter, August Macke, Günther Uecker. Zu den wertvollsten Stücken, die nun für das Land „gerettet“ werden, zählt die Stradivari „Lady Inchiquin“ aus dem Jahr 1711, die zuletzt vom Stargeiger Frank Peter Zimmermann gespielt wurde und deren Wert auf mindestens zwei Millionen Euro geschätzt wird. Zimmermann soll die Stradivari „zeitnah“ wieder spielen dürfen. Die „Lady Inchiquin“ und sieben weitere Kunstwerke werden in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes eingetragen.
„Geringe Belastung“ der Bürger
Über den Erwerb der „Chillida-Bänke“ in Münster wird das Land mit Portigon einen zusätzlichen Kaufvertrag schließen. Diese Skulptur hatte der spanische Bildhauer Anfang der 1990-er Jahre angefertigt. Die Stadt Münster hatte die Landesregierung aufgefordert, den freien Verkauf zu verhindern.
Das Land erwirbt auch zwei Altartafeln aus dem 15. Jahrhundert von Giovanni di Paolo. Der Verband Deutscher Kunsthistoriker hatte vor einem Verkauf der Tafeln an Privatleute gewarnt. Die Tafeln sind im LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster zu sehen. Geschätzter Wert: sechs Millionen Euro. Auch sie gelten ab sofort als „national wertvolle Kulturgüter“.
Laut NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) ist die Belastung der Steuerzahler durch den Ankauf der Portigon-Sammlung gering. Das Land werde dafür ein Darlehen über knapp 30 Millionen Euro bei der NRW.Bank aufnehmen. Der Kredit sei zehn Jahre lang tilgungsfrei. Die Zinsbelastung liege bei rund 260000 Euro im Jahr. „Wir haben die Belastung für den Bürger auf 100 Jahre verteilt. Das ist akzeptabel“, meinte Walter-Borjans. Es sei gelungen, die Kunst „für die Bürger“ zu sichern, ohne den Rückbau von Portigon zu gefährden. Die Stiftungs-Lösung ist nach Einschätzung des Finanzministers eine Chance, gegebenenfalls auch Kunst im Besitz anderer Landes-Gesellschaften zu sichern.
Die 297 Kunstwerke befinden sich derzeit in Depots in Deutschland, London und New Jersey. Sie sollen noch in diesem Jahr an Museen in NRW verteilt werden.