An Rhein und Ruhr. Die drei größten Konzerte des Wochenendes: Paul McCartney in Düsseldorf, Rock im Revier in Dortmund, Queen und Adam Lambert in Köln.
Paul McCartney in Düsseldorf
Da steht er nun, mit 73 Jahren ein lebendes und doch topfittes Monument der Rock- und Popgeschichte. Doch um die Größe dieses Mannes, Beatles und Musikgenies zu fühlen und sich selbst recht klein vorzukommen, muss man Paul McCartney schon die zweieinhalb Stunden folgen, die er beim Konzert in der Düsseldorfer Arena seinen Gästen schenkte. Spiegel von fast 60 Jahren Musikgeschichte. Gleich am Anfang geht es weit zurück, wenn der seinen Höfner-Bass in die Hand nimmt und „A Hard Days Night“ anschlägt, frisch wie 1964. Aber es wird kein Nostalgietrip mit Sir Paul. Auch wenn über 23 000 Fans in der ausverkauften Arena glückselig zu „Can’t Buy Me Love“ oder einem schwungvollen „Love Me Do“ tanzen, reicht der Bogen bis in die Charts von heute, bis zum Welthit „Four Five Seconds“, den er mit Rihanna und Kanye West aufgenommen hat. Einer der wenigen Schwachpunkte des Abends: Das Lied funktioniert nur im Dreiklang der unverwechselbaren Stimmen richtig gut – und selbst ein Paul McCartney kann sich nicht dreiteilen.
McCartneys Band ist an diesem Abend perfekt abgestimmt, schaltet problemlos zwischen typischem Beatles-Sound, eher rockigen Songs der Wings – und dem „Maybe I’m Amazed“ der Beatles-Vorgänger The Quarrymen. Trotzdem gelingen McCartney die gefühlvollsten Momente, wenn er fast solo zu hören ist wie beim überwältigenden „Here, There And Everywhere“ ober später bei „Let It Be“.
Bei diesem musikalischen Gang durchs eigene Lebenswerk widmete er den Verstorbenen John Lennon, George Harrison, Linda McCartney und George Martin Songs. Mit 73 Jahren hat er schon viel zurücklassen müssen.
Auch große Showmomente lieferte dieses Konzert der „One On One“-Tour, faszinierende Animationen und Lasereffekte bei „For The Benefit Of Mr. Kite“ und „Back In The USSR“, die nur noch übertroffen wurden vom Kanonendonner, dem Hallenfeuerwerk und den Flammenwerfern zu „Live And Let Die“ – das kriegen AC/DC auch nicht besser hin.
Mitsingchöre bei „Hey Jude“ erfüllten schließlich die Arena, bevor „Yesterday“ noch einmal viele Zuschauer deutlich ergriff. Am Ende steht McCartney da, immer noch fit, Monument und Mensch zugleich. Und man fühlt sich klein und doch ganz groß, weil man dabei gewesen ist.
Rock im Revier
Der Höhepunkt von Rock im Revier war am zweiten Tag erreicht: Als Iron Maiden Freitagabend die Bühne erklommen, stand die mit 12 500 Fans ausverkaufte Westfalenhalle Kopf – befeuert durch Konsum des bandeigenen Biers, dass hektoliterweise Abnehmer fand. Trotz matschigen Sounds und einem Programm mit Hauptaugenmerk auf dem aktuellen Album begeisterten die britischen Metal-Urgesteine auf ganzer Linie.
Iron Maiden bei Rock im Revier
Was zwar nicht für alle, aber viele der angereisten Acts ebenso gilt, die durch die Bank eher in Richtung Metal als Rock spielten. Am Donnerstag erzeugten einzig die deutschen Chartstürmer Powerwolf wahrnehmbare Stimmung, Sabatons Pyro-Inferno ließ am Freitag den Dortmunder Konzerttempel erbeben, am Samstag sorgten Slayer für den finalen Abriss, bevor das Festival mit Nightwish einen eher würdigen als krönenden Abschluss fand – nach drei Tagen wollte der Funke im Finale nicht mehr so recht überspringen. Damit hatten auch schon die rockigeren Bands wie Garbage und Mando Diao zu kämpfen, die auf laue Resonanz stießen.
Ob es 2017 auch ein Rock im Revier geben wird, steht derzeit noch nicht fest.
Queen & Lambert in Köln
Rock muss laut sein. Aber der wummernde, sumpfige Klangbrei, in dem die Stimme von Sänger Adam Lambert (34) zu Anfang versinkt wie ein Zuckerklümpchen im Griespudding, hört sich so gruselig an, dass eigentlich eine Massenflucht einsetzen müsste. Tut sie aber nicht. Dafür aber hatte das Gros der 25 000 Fans schon zuviel durchgestanden – Unwetter samt Verkehrschaos – und sich viel zu sehr aufs einzige Deutschlandkonzert von Queen gefreut. Das wird belohnt. Nach „Fat Bottomed Girls“ bekommen die Tontechniker das Problem in den Griff.
Hinterher, nach zwei Stunden, 24 Stücken und zwei Zugaben, hinterlässt der Abend trotzdem widersprüchliche Gefühle. Wo Queen draufstand, war, im Prinzip, auch Queen drin. Sämtliche Hits zum Mitsingen. Brian May (68) an der Gitarre und Roger Taylor (66) am Schlagzeug, die demonstrieren, dass sie’s noch draufhaben. Ersterer, auch optisch erhöht, auf einem Podest in schwindelerregender Höhe während seines Solos, letzterer beim Schlagzeug-Duell mit seinem Sohn Rufus Tiger (25).
Lambert macht fast durchgängig einen guten Job. Nur den Anfang von „We Are the Champions“ versäuselt er furchtbar. Auch berührende Momente gibt es. Brian May, der „Love of My Life“ so singt, dass man feuchte Augen bekommt. Oder „Bohemian Rhapsody“ als Duett mit dem 1991 verstorbenen Freddie Mercury, der als Einspieler im Leinwandrund auftaucht. Beides haben Queen auch schon 2015 in Köln gebracht. Eigentlich ist alles vorhersehbar. Gejubelt wird frenetisch. Trotzdem. Oder gerade deshalb.