. . Zwei Wochen vor seinem 80. Geburtstag schenkt Klaus Doldinger seinen Fans ein neues Album. Darauf gratuliert auch Udo Lindenberg: mit dem eigens geschriebenen Song „Der Greis ist heiß“.

„Alte Männer sind gefährlich … sie hau’n so richtig auf die Sahne…“ – die vernuschelte Stimme ist unverwechselbar, der volle Jazz-Rock-Sound der acht „Passport“-Musiker hat plötzlich etwas „Panikhaftes“. Mit seinem eigens geschriebenen Song „Der Greis ist heiß“ erweist Udo Lindenberg dem Jazzer Klaus Doldinger seine ganz persönliche Reverenz. Jenem Doldinger, mit dem er vor 45 Jahren ein neues, abenteuerliches Kapitel europäischer Jazzgeschichte eröffnet hatte: als Schlagzeuger der ersten „Passport“-Formation, die mit ihrem Fusion-Jazz bald in aller Welt in einem Atemzug mit Wea­ther Report genannt wurde.

Auf dem neuen Studio-Album Doldingers, das jetzt zwei Wochen vor seinem 80. Geburtstag am 12. Mai erscheint, sorgt Udo nicht für die einzige Überraschung. In die groovende Schwüle von New Orleans (die Stadt ernannte Doldinger 1960 zum Ehrenbürger) etwa entführt ein beseeltes Blues-Duett („St. James Infirmary“) zwischen Tenorsax und Hammond-Orgel: Den exzellenten Helge Schneider als Mann an den Tasten hat man selten so einfühlsam und „seriös“ gehört.

Mancher Musiker hätte sich zu seinem 80. mit einer Best-of-Zusammenstellung oder einer Werkschau begnügt; in diesem Falle hätten auch große Film- und Fernsehmusiken („Tatort“-Thema, „Das Boot“, „Die unendliche Geschichte“) nicht unerwähnt bleiben dürfen. Stattdessen stellt der gebürtige Berliner seine Lieblingstitel aus mehr als vier Passport-Jahrzehnten auf den Prüfstand, beleuchtet aus heutiger Perspektive mit einstigen und aktuellen Wegbegleitern Klassiker von Alben wie „Handmade“ (1973), „Cross-Collateral“ (1975), „Running In Real Time“ (1985) oder „Passport to Paradise“ (1996). Zu hören (womöglich mit der alten Version zu vergleichen) wie der Saxophonist mit seinen „Passport Classic“ (Curt Cress, Schlagzeug; Wolfgang Schmid, Bass; Roberto Di Gioia, Keyboards) alte Stücke wie „Abracadabra“ oder „Jadoo“ anno 2016 mit nie erahnter Orkanstärke entwickelt, kommt einer Offenbarung gleich.

Neue, abenteuerliche Entdeckungspfade etwa in die Blues-Sümpfe der Südstaaten schlagen auch prominente Geburtstagsgäste ein, um die Doldinger seine aktuelle Passport-Formation erweitert. Der Gitarrist Dominic Miller etwa oder Max Mutzke, der wie Stevie Wonder den „Inner City Blues“ erkundet. Schließlich: Tiefer als im Zwiegespräch zwischen Tenorhorn und der Posaune Nils Landgrens kann man in „Soul Town“ kaum eindringen. Um es mit Udo zu sagen: Ein Greis ist Klaus Doldinger wahrlich nicht. Aber heiß. Heißer geht’s nicht.