Gelsenkirchen. . Ein Weltstar, der sein Wissen weitergeben will: Bariton Bo Skovhus beehrt das Musiktheater im Revier. Er gibt jungen Sängern den letzten Schliff.

Ostermontag noch „Meistersinger“ in Paris, Dienstag Meisterkurs in Gelsenkirchen: Aber Bo Skovhus ist die Ruhe selbst. Zwei Ensemblemitglieder des Musiktheaters im Revier kommen in den Genuss, sich vom dänischen Baritonstar (Wahlheimat Wien) den letzten Schliff geben zu lassen. Kurz vorher traf Lars von der Gönna Bo Skovhus zum Gespräch.

Meisterklassen sind nicht selten gefürchtete Veranstaltungen . . .

Bo Skovhus: Oh ja, ich weiß genau, was Sie meinen, ich habe es selbst noch bei Elisabeth Schwarzkopf erlebt. Die war ja nicht zu ertragen. Ich habe Meisterkurse erlebt, wo einer nach dem andern weinend rausgelaufen ist. Ich meine, das kann nicht Sinn der Sache sein.

Bei vielen jungen Sängern fehlt Haltung

Auf was legen Sie als der Mann Wert, der im Kurs der Meister ist?

Bo Skovhus: Technik ist sehr sehr wichtig. Und Sprachbehandlung, was offenbar an den Hochschulen mehr und mehr vernachlässigt wird. Ich selbst gehe bis heute regelmäßig in Kopenhagen zu meiner Lehrerin. Eigentlich ist sie Logopädin.

Sie sind ein Sänger auf dem Karrieregipfel. Sehen Sie bereits Unterschiede zur nächsten Generation?

Bo Skovhus: Ich klinge jetzt wie ein alter Mann, aber Haltung ist ein Riesenproblem bei den jungen Sängern. Überhaupt Körperspannung, natürlich auch Fitness. Sie hören es einer Stimme sofort an, ob ihr Sänger Haltung hat.

Wie erkennt ein Sänger überhaupt, wer er ist und was er kann?

Bo Skovhus: Ich glaube, die zentrale Bedingung für eine Karriere ist, wirklich die Selbsterkenntnis zu besitzen, was man kann, aber noch mehr, was man nicht kann. Es ist sogar besser, wenn man sich nicht allzu viel zutraut. Es gibt genügend Menschen, die alles singen, was man ihnen anbietet, aber das bringt nichts, weder Profil noch Vervollkommnung.

Karajan hat manche Sänger ruiniert“

Ist Ihre Botschaft an junge Sänger, auch „nein“ zu sagen?

Bo Skovhus: Unbedingt, aber das ist ein Grenzgang. Manche Angebote kommen nicht zweimal. Aber die Stimme hat man eben auch nur einmal. Ich habe als junger Sänger mal einen Anruf von Georg Soltis Büro bekommen, sollte als „Ford“ im Salzburger „Falstaff“ singen. Ich habe gesagt, dafür fühle ich mich noch nicht reif. Da hat das Vorzimmer geantwortet, das solle ich „Maestro Solti überlassen“. So ein Hochmut! Ich habe gesagt: „Nein, danke!“ Dirigenten kön­nen Sänger verschleißen, ihnen passiert ja nichts. Herbert von Karajan war ganz schlimm darin. Es gibt Sänger, die er mit seinen Angeboten regelrecht ruiniert hat.

Vor uns steht ein Sänger-Athlet, mit 53 Jahren fit wie ein Turnschuh. Wie viele Stoppschilder gibt es in Ihrem Leben?

Bo Skovhus: Viele! Aber das Wichtigste ist trotzdem: Ich lebe gern. Es kann so schnell vorbei sein. Meine große Leidenschaft ist guter Bordeaux, jeden Abend. Andererseits passe ich natürlich auf, dass ich nicht dauernd Burger und Pommes esse.

Angst muss etwas Produktives sein

War Angst je ein Thema für Sie?

Bo Skovhus: Natürlich kenne ich als Sänger Ängste, aber nur die positiven, produktiven. Man muss sich ganz früh entscheiden: Will man nervös sein oder will man singen? Beides kann man nicht, das ist einfach so.